Einstellung im Verfahren gegen Beschuldigte der Casino-Spontandemo

+++ Pressemitteilung der Roten Hilfe Ortsgruppe Frankfurt am Main +++
Ffm, 20.10.2010

Kurzer Prozess gegen Beschuldigte der Casino-Spontandemo
Verfahren wegen Körperverletzung an einem BFE-Beamten eingestellt

Zum heutigen Verfahren gegen eine 22jährige Studentin kamen 40 solidarische Prozessbeobachter_innen bereits ab 8:00 Uhr in einen der kleinen Räume des Frankfurter Amtsgerichts. Die Anklage lautete auf Körperverletzung eines Polizisten der ansässigen Beweis- und Festnahmeeinheit (BFE). Ihn sollte die Beschuldigte am 2. Dezember 2009 auf der Spontandemo nach der Räumung des Uni-Prestigegebäudes im Westend verletzt haben. Der Beamte habe „eine leichte Rötung im Gesicht und Spannungsschmerzen, die bis in die Nacht anhielten“ erlitten.

Bereits im Vorfeld hatte die Beschuldigte über ihre Anwältin ihr Bedauern gegenüber des Zuschadenkommens des Beamten geäußert, wobei sie gleichzeitig den brutalen Polzeieinsatz kritisierte. Ein Einsatz, der zudem rechtswidrig war, wie auch die Anwältin der Beschuldigten zu Beginn des Prozesses ausführte und somit kein Vorwurf des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte hätte gemacht werden können.

Der Richter wollte auf eine Prüfung der Rechtmäßigkeit des Polizeieinsatzes offensichtlich nicht eingehen und drängte auf eine Einstellung, so dass das Verfahren gegen die Betroffene gegen eine Geldbuße von 300 € beigelegt wurde.

„Nach der Räumung des Casinos auf dem IG Farben Campus und der Polizeigewalt auf der Demo, erscheint es lächerlich, dass ein Polizist sich im Nachhinein überhaupt als Opfer darstellt,“ so Clara Sterntal von der Roten Hilfe Frankfurt. „Wie zur Zeit bei den Protesten gegen Stuttgart 21 einer breiten Masse demonstriert wird, gehört es zur gängigen Polizeitaktik legitime Proteste durch Gewalt niederzuknüppeln und sie mit pauschalen Krawallvorwürfen zu kriminalisieren.“

Die erwartete Repressions- und Prozesswelle gegen Besetzer_innen und Demonstrant_innen in und rund um die dreitägige Casinobesetzung Ende letzten Jahres dürfte nach Einschätzungen der Frankfurter Rechtshilfegruppen weiterhin nicht die Dimensionen annehmen mit denen Polizei und Uni-Präsidium gedroht hatten. Dennoch kann, auch nachdem die meisten Verfahren gegen Aktivist_innen eingestellt wurden, nicht davon ausgegangen werden, dass es nicht mehr zu Repressionen in diesem Zusammenhang kommt.

Daher gilt auch hier weiterhin:
Gemeint sind Wenige, Betroffen sind wir Alle
Werdet Mitglied in der Roten Hilfe!

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Hier die Pressemitteilungen des AK Rechts (bildungsaktivistischer Arbeitskreis an der Uni Frankfurt) zum heutigen Prozess:

Verfahren gegen Studentin eingestellt.
AK Recht bekräftigt seine Kritik am Polizeieinsatz

Am 20.10.2010 fand der erste Prozess gegen eine Studentin im Zuge der Casino-Räumung statt. Sie war im Laufe der anschließenden Spontandemonstration im Frankfurter Westend am 02.12.2010 vorübergehend festgenommen wurde. Laut Anklage soll sie bei ihrer Festnahme Widerstand geleistet und einem Beamten der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) „eine leichte Rötung im Gesicht“ sowie einen „Spannungsschmerz“ zugefügt haben. Gegen einen Strafbefehl wegen Körperverletzung und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte hatte die Angeklagte im Vorfeld Einspruch eingelegt.
Die Staatsanwaltschaft hatte noch kurz vor dem Prozess eine Einstellung gegen Zahlung einer Geldbuße mit der Begründung abgelehnt, die Entschuldigung der Angeklagten sei nicht ausreichend. In einer Erklärung hatte diese ihr Bedauern über die Verletzung des Polizisten ausgedrückt, gleichzeitig aber den brutalen und unverhältnismäßigen
Polizeieinsatz kritisiert. Diese Erklärung wurde auch zu Beginn des Prozesses noch einmal vorgetragen. Auf Drängen des Richters wurde diese Erklärung von der Staatsanwaltschaft nun doch akzeptiert und das Verfahren gegen eine Zahlung von 300€ an die Beratungsstelle Frauennotruf Frankfurt.

Der Arbeitskreis Recht an der Uni Frankfurt begrüßt die Einstellung des Verfahrens, kritisiert aber die Tatsache, dass es überhaupt bis zu einem Prozess gekommen ist. „Dieses Verfahren reiht sich nahtlos in die aktuelle Polizeistrategie ein, brutale Einsätze im Nachhinein durch angebliche Straf- und Gewalttaten seitens der Demonstrant_innen zu rechtfertigen und die friedlichen und legitimen Proteste der Studierenden zu kriminalisieren“, erläutert Florian Muhs, ein Sprecher des Arbeitskreises. So seien beispielsweise auch bei den Protesten gegen Stuttgart 21 unwahre Behauptungen seitens der Polizei in die Welt gesetzt worden, um den Einsatz von Wasserwerfern, Schlagstöcken und Reizgas gegen friedliche Menschen zu legitimieren.

Bei dem Polizeieinsatz im Anschluss an die Casino-Räumung waren mehrere Menschen durch Polizeigewalt verletzt worden. Sie erlitten teilweise schwere Verletzungen wie Handbrüche, Schädelprellungen und Nackenstauchungen. „Die Polizei spricht bis heute von einem „friedlichen“ und „verhältnismäßigen“ Einsatz ohne Verletzte. Diese offensichtlich falsche Darstellung muss weiter thematisiert und skandalisiert werden“, so Bettina Herold, eine Sprecherin des Arbeitskreises.

Der AK Recht wird die Studierenden weiterhin in ihrem Recht auf Versammlungsfreiheit unterstützen und Prozesse gegen kritische Studierende juristisch begleiten.


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