PM: JVA Frankfurt-Preungesheim verweigert Gefangener Zeitungsabonnements

Göttingen, den 10.11.2011

Die Justizvollzugsanstalt (JVA) Preungesheim verweigert der 77-jährigen
Untersuchungsgefangenen Sonja Suder die Lektüre von Zeitungen, darunter
ein Abonnement der Süddeutschen Zeitung (SZ). Die skandalöse Begründung
lautet, das Zeitungsabonnement werde von der Solidaritätsorganisation Rote
Hilfe e.V. finanziert. Diese wiederum werde im Verfassungsschutzbericht
des Landes Hessen als „linksextremistisch“ bezeichnet. Auch die frei im
Zeitschriftenhandel erhältliche Rote-Hilfe-Zeitung (RHZ) wurde der
Gefangenen mit derselben Begründung verweigert.

Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt und zuletzt in einem Urteil
vom 15.12.2004 darauf hingewiesen, dass die komplette Verweigerung der
Lektüre einer Druckschrift einen unverhältnismäßigen Eingriff in die
grundrechtlich geschützte Meinungsfreiheit Gefangener darstelle. Das gilt
umso mehr dann, wenn die Vollzugsbehörden nicht einmal den Versuch
unternehmen, eine konkrete „vollzugsfeindliche Tendenz“ bestimmter
Schriften nachzuweisen, sondern sich allein auf die zweifelhaften
Meinungsäußerungen eines Geheimdienstes berufen. Vollends absurd werden
die Schikanen der JVA, wenn es gar nicht um die Publikation selbst geht,
sondern um die Frage, wer das Abonnement einer gutbürgerlichen
Tageszeitung bezahlt.

Sonja Suder wurde vor geraumer Zeit gemeinsam mit Christian Gauger von
Frankreich an die BRD ausgeliefert. Den beiden wird die aktive
Mitgliedschaft in den Revolutionären Zellen in den 1970er Jahren
vorgeworfen. Die französischen Behörden, die sich bis 2009 geweigert
hatten, die beiden im Exil lebenden Linken auszuliefern, beugten sich im
Jahr 2011 dem Europäischen Haftbefehl, den die BRD beantragt hatte.
Während Christian Gaugers Haftbefehl wegen seiner lebensbedrohlichen
Erkrankung am 04.10.2011 außer Vollzug gesetzt wurde, soll an Sonja Suder
offensichtlich weiterhin ein Exempel statuiert werden.
Die Pressezensur der JVA Preungesheim zeigt erneut, dass das Verhältnis
der deutschen Justiz zu den militanten außerparlamentarischen Bewegungen
auch nach über dreißig Jahren von Rache geprägt ist. Wer einmal als
Staatsfeind definiert worden ist, dessen Menschenrechte gelten den
Repressionsbehörden offensichtlich als suspendiert.

Die Rote Hilfe e.V. wird auch weiterhin alles in ihrer Kraft Stehende tun,
um Sonja Suder in der Wahrnehmung ihrer Rechte und in ihrer Verteidigung
gegen die deutsche Justiz zu unterstützen.
Wir fordern ihre sofortige Freilassung und die Einstellung der Verfahren.
Die Rote Hilfe e.V. wird nicht zulassen, dass Grundrechte wie das der
Meinungsfreiheit für linke politische Gefangene außer Kraft gesetzt
werden.