Göttingen, den 20.05.2012
Pressemitteilung:
Zahlreiche Grundrechtseinschränkungen durch massives Polizeiaufgebot bei blockupy
Tausende Aktvist_innen erwiderten den Verbotswahn in Frankfurt mit
Besonnenheit und ließen sich auch auf der Demonstration am gestrigen
Samstag nicht von massiven Provokationen der Polizei ihren Protest gegen
Troika und europäische Sparpläne nehmen. Vier Tage völlig überzogener
Polizeiaufgebote, Stilllegung der Frankfurter Innenstadt und
schwerwiegender Versammlungsrechtsbrüche verdeutlichen die Angst des
Staates vor seinen Kritiker_innen.
Der Ermittlungsausschuss (EA) Frankfurt zählte 1430 Aufenthaltsverbote und
Festnahmen aufgrund von Ordnungswidrigkeiten.
Am Mittwoch und Donnerstag wurden mehrere Busse kurz vor Frankfurt
gestoppt, Personalien der Insass_innen kontrolliert, diese stundenlang
aufgehalten und ihnen das Erreichen der Stadt nahezu unmöglich gemacht.
Die Polizeitaktik während der unerlaubten Blockaden bestand zumeist darin,
Protestierende einzukesseln, der Innenstadt zu verweisen oder in Gewahrsam
zu nehmen. Die Polizeileitung wollte bereits am zweiten Aktionstag bis zu
150 Personen dem Haftrichter vorführen, um diese dann bis Sonntag
wegsperren zu können.
Zudem wendete die Polizei in vielen Situationen unangebracht Gewalt an. So
berichteten Sanitäter_innen von zahlreichen Verletzten durch Schlagstock-
und Pfeffersprayeinsätze sowie durch gezielte Tritte auf Schienbeine.
Daneben gab es auch einige schwerer Verletzte; eine Person wurde von der
Polizei durch Schläge und Tritte sogar so schwer verletzt, dass sie ins
Krankenhaus gebracht werden musste.
Insgesamt waren viele polizeiliche Maßnahmen und Vorwürfe gegen
Aktivist_innen hochgradig willkürlich. So wurden Einzelpersonen ohne
Ortskenntnisse außerhalb der Stadt abgesetzt, anderen wurde es verboten,
öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen, oder es wurde ihnen mitgeteilt, dass
sie sich im gesamten Stadtgebiet nicht mit mehr als vier Personen
aufhalten dürften.
Die staatliche Verunglimpfung der Proteste wurde bereits im Vorfeld durch
den hessischen Innenminister Boris Rhein und den Ordnungsdezernenten der
Stadt Frankfurt Markus Frank repressiv vorangetrieben. Nicht nur die
Medien haben sich an dieser Hetze beteiligt; auch das
Bundesverfassungsgericht trug dazu bei, indem es sich in letzter Instanz
für unzuständig für das Durchsetzen der Versammlungsfreiheit erklärte. In
diesem Sinne handelte auch die Justiz in Frankfurt, indem das
Verwaltungsgericht an Fronleichnam keinen Notdienst bereit stellen wollte,
um über die offenkundig rechtswidrigen Innenstadtverbote bereits am
Donnerstag zu entscheiden. So hatten sich hunderte großteils von weiter
weg angereiste Aktivist_innen bis Freitag Abend mit einem umfassenden
Zugangsverbot für die gesamte Innenstadt Frankfurts abzufinden.
Die Rote Hilfe protestiert entschieden gegen die zahlreichen Rechtsbrüche
in Form von Schikanen, Verboten, Räumungen und Polizeigewalt. Hier haben
nicht nur Polizei und Justiz der wehrhaften Demokratie einen Bärendienst
erwiesen; auch andere städtische Institutionen wie der Rhein Main
Verkehrsbund haben durch das Bereitstellen von Bussen für
Gefangenentransporte an der Repressionsmaschinerie mitgewirkt. Die
blockupy-Aktionstage reihen sich damit in einen in jüngster Zeit zunehmend
repressiven Umgang mit linken und sozialen Protesten ein. Elementare
Grundrechte wie jene auf Versammlungsfreiheit und Freizügigkeit werden zu
Gunsten einer auf Polizeistaat, Sicherheit und Ausschluss basierenden
Politik massiv eingeschränkt.
Die Rote Hilfe wird die willkürlichen Verbote und die umfassende
Kriminalisierung linker Proteste nicht hinnehmen und ruft zur Solidarität
mit den von staatlicher Repression Betroffenen auf.
R.-P. Bernert für den Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V.
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EA-Pressemitteilungen zu staatlichen Repressionen während der einzelnen
blockupy-Aktionstage finden sich auf der Homepage des
Ermittlungsausschusses Frankfurt