Wie weiter mit den Bußgeldverfahren? Nächstes Soliplenum am 17.1.2014

Seit Anfang Dezember verschickt die Bundespolizei im Zusammenhang mit der Gleisblockade am 1. Mai in Frankfurt/Main Bußgeldbescheide in Höhe von 63,50 Euro. Betroffen sind jene Menschen, die am 1. Mai in diesem Kontext ihre Personalien abgeben mussten und die anschließend das von der Polizei „angebotene“ Verwarngeld verweigert haben. Viele der von den Bußgeldern Betroffenen haben bereits angekündigt, auch dieses Mal nicht zu bezahlen und Einspruch gegen die Bußgeldbescheide einzulegen: die politischen Gründe dafür, die Kriminalisierung antifaschistischen Engagements nicht einfach hinzunehmen, besitzen schließlich unverändert Gültigkeit. Auf einem gut besuchten Betroffenenplenum am 17.12.2013 wurden rechtliche Fragen geklärt und das weitere politische Vorgehen diskutiert. In den folgenden Ausführungen wollen wir euch einen Überblick geben, was der Bußgeldbescheid und ein eventueller Einspruch für rechtliche Folgen haben können und wie wir im Plenum die politischen Perspektiven bewerten.

 

Das Rechtliche

Vorweg: der Vorwurf, der gegen euch erhoben wird, beschränkt sich auf eine Ordnungswidrigkeit, ist also juristisch ähnlich einzuordnen wie Falschparken oder ähnliches. Das Rechtsmittel gegen einen Bußgeldbescheid ist der Einspruch. Wenn ihr selbst einen Bußgeldbescheid bekommen habt und den geforderten Betrag nicht einfach bezahlen, sondern euch politisch und juristisch wehren wollt, müsst ihr unbedingt innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Bescheides Einspruch einlegen – andernfalls wird der Bescheid rechtskräftig und ihr müsst auf jeden Fall bezahlen. Weitere Informationen zu Form und Inhalt des Einspruchs bzw. einen Vordruck findet ihr beim EA Frankfurt.

Wenn ihr Einspruch eingelegt habt, gibt die Bundespolize das Verfahren an das Gericht weiter – zuständig ist in diesem Falle das Amtsgericht Potsdam, weil die Bundespolizei dort ihren Sitz hat. Das Gericht schaut sich die Akten an und überlegt, ob es die Sach- und Beweislage für ausreichend hält, um ein Bußgeld zu verhängen. Dann folgt wahrscheinlich ein Verhandlungstermin, zu dem auch ihr als Betroffene geladen werdet. Wenn das Gericht die Sachlage für unzureichend hält, ist es aber auch jetzt noch möglich, dass das Verfahren eingestellt wird.

Wenn eine Bußgeldverhandlung anberaumt wird, müsstet ihr persönlich nach Potsdam fahren – denn erscheint ihr trotz Ladung nicht, so verwirft das Gericht euren Einspruch und der Bußgeldbescheid wird rechtskräftig. Wichtig ist, dass ihr euch, sobald ihr über einen Verhandlungstermin informiert werdet, beim EA oder der Roten Hilfe Frankfurt meldet, damit euch solidarische AnwältInnen vermittelt werden können und ihr bei dem Termin nicht allein bleibt.

Sicher werden auch unsere Kosten durch Verhandlungstermine in Potsdam nach oben getrieben. Zum einen müssen Reise- und Anwaltskosten bezahlt werden. Zum anderen fallen Gerichtskosten und unter Umständen auch noch Auslagen für eventuelle ZeugInnen an, die ihr bei einem nachteiligen Ausgang des Verfahrens ebenfalls tragen müsstet. Innerhalb des Plenums gab es deshalb die Entscheidung, dass die ersten Verhandlungen sehr wichtig sind, diese anwaltlich und politisch begleitet werden sollen und an diesen „Präzedenzfällen“ erneut in der Gruppe entschieden werden muss, wie mit den anderen Einsprüchen weiter umgegangen werden soll. Es ist jedenfalls zu jeder Zeit möglich, Einsprüche, die noch nicht verhandelt wurden, wieder zurück zu ziehen, sofern sich unsere Einschätzung, was wir vor Gericht erreichen können, verändert.

 

Das Politische

Einig war sich das Betroffenenplenum darin, dass die möglicherweise kommenden Verhandlungen wegen der Bußgelder auf jeden Fall politisch geführt werden sollen. Wir wollen unsere Position, an der sich auch nach dem 1. Mai nichts geändert hat, stark machen: die Gleisblockade am 1. Mai war legitim, weil sie gemeinsam mit vielen weiteren Blockaden dazu geführt hat, dass die NPD ihren geplanten Aufmarsch in Frankfurt nicht durchführen konnte. Sie war notwendig, weil das Schaulaufen der so genannten Zivilgesellschaft auf dem Römer die Nazis nicht gestoppt hätte. Die Gleisblockade war ein politischer Akt – eine notwendige Regelübertretung im Namen des praktischen Antifaschismus – und als solchen wollen wir sie auch verstanden wissen. Das Problem am 1. Mai war nicht die Gleisblockade, sondern dass den Nazis und ihrem menschenverachtenden Gedankengut an diesem Tag in Frankfurt die Straße überlassen werden sollte.

Alle antifaschistischen Gruppen und Einzelpersonen sind daher eingeladen, sich an der aktuellen Antirepressionsarbeit zu beteiligen. Dabei spielt es keine Rolle, ihr das Buß- oder Verwarngeld bezahlt oder Einspruch eingelegt habt. Wichtig ist, dass wir solidarisch mit allen AkteurInnen der Blockaden sind. Wir haben uns im Vorfeld des 1. Mai dazu entschlossen, gemeinsam die Anfahrtswege der Nazis zu blockieren. Und wir würden uns freuen, wenn viele Leute uns nun helfen, gemeinsam die Folgen zu tragen. Es gibt viel zu tun und viele Möglichkeiten, sich einzubringen: Öffentlichkeits- und Pressearbeit, Organisierung von Soli-Partys, Begleitung der Verfahren und so weiter. Allen Betroffenen, die sich aufgrund ihres antifaschistischen Engagements mit Kosten konfrontiert sehen, muss aber auch klar sein, dass weder Betroffenenplenum noch EA oder Rote Hilfe als politische Haftpflichtversicherung fungieren können. Diskutiert in euren Bezugsgruppen, wie ihr die individuellen Kosten minimieren könnt. Es liegt auch an jeder und jedem, sich einzubringen und mit verschiedenen Soli-Aktionen Geld einzunehmen, um dafür zu sorgen, dass die Kosten nach Möglichkeit nicht aus der eigenen Tasche bezahlt werden müssen. Gemeinsam können wir die Belastung der individuell Betroffenen so gering wie möglich halten.

 

Ausblick: Nächstes Soliplenum am 17. Januar

Seit dem 1. Mai gibt es eine kontinuierliche Antirepressionsarbeit, an der sich mal mehr und mal weniger Gruppen und Personen beteiligt haben. Durch Spendenaufrufe und Soli-Partys wurde Geld gesammelt und die Notwendigkeizt entschlossener antifaschistischer Aktionen weiter in der Öffentlichkeit präsent gehalten. Angesichts der wahrscheinlich bevorstehenden Bußgeldverhandlungen sind wir jetzt aber an einem Punkt angelangt, an dem wir gemeinsam konkrete Entscheidungen treffen müssen, wie die Soli-Arbeit weitergehen soll:

  • Wie soll die Prozessführung in den Bußgeldverhandlungen aussehen? (Prozessstrategien/-erklärungen, rechtliche Spielräume, Entscheidungsstrukturen)
  • Repressionskosten: Nach welchen Kriterien werden die Soli-Gelder zur Verfügung gestellt? (Überblick über eingenommene Soli-Gelder, politische Kriterien, usw.)
  • Öffentlichkeitsarbeit: Presse und Mobilisierung nach Potsdam? (Politische Begleitung der Bußgeldverfahren, Mobilisierung nach Potsdam?)

Wir laden alle Leute zum nächsten Soliplenum am 17. Januar 2014 ein, um diese Fragen zu diskutieren und das weitere politische Vorgehen abzustimmen. Wir denken jedenfalls, dass die 1. Mai-Solidarität die inhaltliche und organisatorische Arbeit Wert ist und wir auch in Zukunft von starken und spektrenübergreifenden Antirepressionsstrukturen nur profitieren können.

Antifaschismus ist nicht kriminell, sondern notwendig! No pasarán!

Freitag, 17. Januar 2014, 19 Uhr, Klapperfeld

 

Einige aus dem Betroffenenplenum, Januar 2014

http://plenum1mai.blogsport.de