Blockupy 2013: Was wir jetzt tun können

Die Repression der Polizei hat bei Blockupy 2013 neue Maßstäbe gesetzt – für Prügel- und Pfeffersprayattacken reichte allein die Spekulation, dass es zu einem „gewaltsamen Verlauf“ kommen könnte. Ganz offen hat der Bullenstaat gezeigt, wie er Grundrechte mit Füßen tritt – im wahrsten Sinne des Wortes. Die Taktik, einen Teil der Demo am 1. Juni abzuspalten, hat dank der breiten Solidarisierung aber nicht funktioniert. Eine Stellungnahme von uns wird folgen. Hier findet ihr die Stellungnahme des Ermittlungsausschusses zu Samstag: http://ea-frankfurt.org/stellungnahme-des-ea-frankfurt-zur-demonstration-vom-010613 und die EA-Pressemitteilung von Freitag: http://ea-frankfurt.org/blockupy-310513-presseerklaerung-ea-frankfurt. In diesem Text wollen wir den Betroffenen erstmal wichtige Tipps und Infos über ein weiteres Vorgehen anbieten.

 

Traumatisierung durch Bullengewalt

Hunderte wurden durch die Bullen verletzt. Das Miterleben von brutaler Polizeiwillkür, ob als Betroffene*r oder Beobachter*in, geht an vielen nicht spurlos vorbei. Zusätzlich haben in einer Gesellschaft, die sich auf Gewalt über Andere und deren Ausbeutung gründet, ohnehin schon viele Menschen Dinge erlebt, die sich mit Worten nicht adäquat beschreiben lassen und nun wieder hochkommen können. Es ist jetzt wichtig, einen respekt- und verständnisvollen Umgang miteinander zu pflegen und auf soziale Netze zu bauen, die eine*n auffangen. Wenn ihr euch mit eurer Situation überfordert fühlt – ob als Betroffene*r oder Unterstützer*in – steht euch das Out of Action-Netzwerk mit Rat und Tat beiseite: suedwind@riseup.net

 

Massenhafte Einzelklagen

Viele Betroffene des Polizeikessels am Samstag fühlen sich durch die stundenlange Freiheitsberaubung und die Einschränkung elementarer Grundrechte massiv verletzt. Zusammen mit dem Blockupy-Bündnis und dem Ermittlungsausschuss versuchen wir, Massenklagen gegen den brutalen Polizeieinsatz einzuleiten und bitten alle Betroffenen, sich dem anzuschließen. Gemeinsam mit dem EA und dem Blockupy-Bündnis haben wir einen Mailverteiler eingerichtet – Betroffen von Kessel, deren Personalien festgestellt wurde, können sich hier eintragen. (Zum Selbstschutz bistte nicht mit der klandestin(st)en Adresse!)

Umgang mit Bildern

Weiterhin bitten wir um einen bewussten Umgang mit den Fotos und Videos, die bei Aktionen gemacht wurden. Unverpixelt oder ungeschwärzt werden sie der Polizei dazu dienen, ihre Datenbanken zu füttern, und sie werden versuchen, den Menschen, deren Personalien festgestellt wurden und die auf Bildern erkennbar sind, Straftaten in die Schuhe zu schieben. In der Vergangenheit haben Hausdurchsuchungen bei Journalist*innen gezeigt, dass dies auch konkrete Konsequenzen haben kann für die Urheber*innen von Bildern.

 

Berichterstattung

Wir rufen dazu auf, in Berichten keinerlei (reale) Namen zu nennen – auch nicht eure eigenen – und Formulierungen zu streichen, die der Kriminalisierung und Spaltung unserer legitimen Proteste dienen. Dies gilt insbesondere für Situationen, in denen Straftaten begangen worden sein sollen. Gemäß dem Aktionskonsens von Blockupy ging von keinem Teil der Demonstrationen eine Eskalation aus, Provokateur war einzig und allein die Polizei. Bei der anonymen Veröffentlichung solltet ihr beachten, dass die anfallenden Verbindungsdaten nicht auf eure Person zurückzuführen sind. Wir raten zum Besuch unüberwachter Internetcafés oder dem Einsatz von Proxyservern.

 

Was passiert mit euren Daten?

Nicht nur für die Grundrechte, auch für den Datenschutz stellt die Demonstration am Samstag ein Desaster dar. Einmal in den polizeilichen Datenbanken drin, können Betroffene nicht mehr nachvollziehen, was mit ihren Personalien geschieht und mit welchen anderen Daten diese verknüpft werden. Ob Anträgen auf Löschung nachgegangen wird, lässt sich durch nichts und niemanden kontrollieren. Wir gehen davon aus, dass der Verfassungsschutz an eure Personalien gelangen kann und versuchen wird, Betroffene anzuquatschen und anzuwerben. Letztendlich dient dies nur der Kriminalisierung legitimer Proteste. Lasst euch darauf nicht ein und schlagt Spitzeln die Tür vor der Nase zu!

 

Nach Festnahmen

Schreibt ein Gedächtnisprotokoll und lasst euch Verletzungen ärztlich bescheinigen. Ihr könntet in einigen Wochen eine Vorladung erhalten, zu der ihr nicht hingehen müsst – und wir raten euch auch, das nicht zu tun. Dies wird wie eine Aussageverweigerung gewertet. Setzt uns oder eure lokale Rechtshilfestruktur darüber in Kenntnis, wenn ihr Post erhaltet. Anschließend kann ein Strafbefehl folgen, gegen den ihr innerhalb von 2 Wochen (es gilt das Datum, an dem der Brief abgeschickt wurde!) Widerspruch einlegen könnt. Sorgt vor mit Vollmachten für Menschen, denen ihr vertraut, wenn ihr wisst, dass ihr dann beispielsweise verreist seid. Spätestens jetzt solltet ihr auch solidarische Anwält*innen und eine Antirepressionsgruppe eures Vertrauens aufsuchen. Wenn ihr gegen den Strafbefehl keinen fristgerechten Widerspruch einlegt, seid ihr rechtskräftig verurteilt. Andernfalls kommt es zu einem Gerichtsprozess, in dem wir euch mit einer politischen Aufbereitung und finanziellen Hilfen unterstützen können.

 

Aussageverweigerung

Bedenkt immer, dass ihr das Recht habt, die Aussage zu verweigern, egal zu welchem Sachverhalt, und davon auch Gebrauch machen solltet. Daraus entsteht euch kein rechtlicher Nachteil. Eine konsequent durchgeführte Aussageverweigerung führt gerade bei kleineren Vorwürfen wie z.B. Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte oft dazu, dass Ermittlungen und Prozesse eingestellt werden. Bei einmal gemachten Aussagen – zum Beispiel nach Festnahmen, unter Psychoterror und Verletzungen gemacht – solltet ihr eure Rechthilfegruppe, eure Anwält*innen und andere Betroffene darüber informieren, um das weitere Vorgehen besser abzuwägen. Von letzteren fordern wir Verständnis für die Situation, in der Betroffene Aussagen gemacht haben, und einen konstruktiven, nicht-repressiven Umgang. Nur so kann niemand zurückgelassen werden.

 

Werdet Mitglied!

Als Mitglieder bleibt ihr durch die Rote Hilfe-Zeitung informiert und unterstützt unsere Struktur durch einen kleinen monatlichen Beitrag. Ihr könnt euch auch aktiv einbringen, denn gerade zu großen Ereignissen wie Blockupy werden Menschen, die mit Rechtsberatung kriminalisierten Protesten zur Seite stehen, immer gebraucht.

 

Spenden

Wir sind auf Spenden angewiesen, um die Kosten für die Massenklagen zu tragen und die Betroffenen der Polizeigewalt in ihren Prozessen finanziell zu unterstützen. Bitte spendet an:

  • Rote Hilfe e.V. OG Ffm
  • Kontonummer: 4007 238 390
  • BLZ: 430 609 67 (GLS-Bank)
  • Verwendungszweck: Krisenproteste

 

Zusammenfassung: Was könnt ihr jetzt tun und an wen könnt ihr euch wenden?

  • Gedächtnisprotokolle schreiben: Behaltet diese für ein mögliches rechtliches Nachspiel. Bewahrt sie an einem sicheren Ort, z.B. auf einer verschlüsselten Festplatte.
  • Rechtsberatung einholen: Bei Anwält*innen, der Roten Hilfe oder solidarischen Antirepressionsgruppen.
  • Schließt euch den Massenklagen an.
  • Verweigert die Aussage und die Zusammenarbeit mit Repressionsbehörden.
  • Spendet Geld für Prozesskosten.
  • Werdet Mitglied in der Roten Hilfe oder baut eigene Antirepressionsstrukturen auf.
  • Wenn ihr es noch nicht getan habt: Organisiert euch in Bezugsgruppen und lest unser Infomaterial: http://rotehilfegreifswald.blogsport.de/dokumente/
  • Bleibt aktiv, solidarisch und passt aufeinander auf.
  • Denkt dran: Blockupy war ein Ereignis – antikapitalistischer Widerstand muss Alltag sein!

 

Rote Rilfe Ortsgruppe Frankfurt, 4. Juni 2013

 

 

Kontakt zur Roten Hilfe Frankfurt
http://frankfurt.rote-hilfe.de
Beratung: Jeden 2. und 4. Montag im Monat, Café ExZess, Leipziger Str. 91
ffm@rote-hilfe.de
Mails an uns – im Falle persönlicher Angaben möglichst nur verschlüsselt – schicken, den PGP-Key findet ihr auf unserer Webseite.