Communiqué und mehr nach Blockupy

Endlich haben wir wieder Zugriff auf unsere Homepage und wollen nun auch gerne unser Communiqué vom 6.7.2013 hier veröffentlichen. Darin haben wir Repression, Polizeigewalt und Solidarität bei Blockupy 2013 zusammengefasst und das Ganze auch als Flyer auf der Solidemo am 8.6. und im Anschluss verteilt und freuen uns über weitere Verbreitung: rhffm-communiqué nach blockupy 2013 (pdf-flyer)
Menschen, die im Kessel waren und deren Personalien festgestellt wurden, bieten wir gemeinsam mit EA und Blockupy-Bündnis einen Emailverteiler um sich in den nächsten Monaten ggf.  an massenhaften Einzelklagen zu beteiligen. Tragt euch (am Besten nicht mit der klandestin(st)en Emailadresse) hier ein.
[Zum Nachlesen von Vorfeldanalysen ihrer Repression empfehlen wir euch auch unsere Blockupy-Beilage 2013]

…und dann kam die Pyrotechnik…“*

Ein Rückblick auf Repression, Polizeigewalt und Solidarität bei Blockupy 2013
Communiqué der Roten Hilfe Frankfurt am Main, 7. Juni 2013

Gegen ihre Prognose standen wir gemeinsam…

Die Blockupy-Demonstration am 1. Juni 2013 mit Gewalt zu stoppen, war von der Polizeiführung eindeutig geplant – wir ersparen uns hier die dafür sprechenden Fakten** anzusprechen und verzichten auf Worte von Achim Thiel oder sonstwem. Der Angriff auf den vorderen antikapitalistische Demoteil war für die Bullen bereits im Vorfeld durch ihre Gefahrenprognosen begründet. Ob es ihnen wirklich daran lag präventiv die „Straftäter-Dateien“ auszubauen oder nur allzu deutlich den Versuch zu unternehmen einen Spalt in das Blockupy-Bündnis zu treiben – bleibt erstmal offen und Spekulation. Mit dem solidarischen Dableiben und der mutigen Gegenwehr ist ihre Kesseltaktik nicht aufgegangen. Wut, Empörung, Entsetzen, Unverständnis empfanden alle Demoteilnehmer*innen gegenüber der staatlichen Willkür. Das beherzt militante Vorgehen im und hinter dem Kessel, das Stoppen nahender Einheiten aus den Seitenstraßen und die vielfältige Unterstützung von Tausenden haben den langen Tag in der Wilhelm-Leuschner-Straße und den Protest entschlossener gemacht. Danke dafür und weiter so – gegen ihre Politik und Repression, auf allen Ebenen!

Sie lügen schon lange wie gedruckt…

Die in der BILD geäußerte Aussage eines „anonymen Polizeibeamten“, wonach die Daten der Gekesselten mit denen der M31-Demonstration im März 2012 abgeglichen wurden, passt in das Schema staatlicher Verfolgung der Krisenproteste. Bei M31 war einem Verbindungsbeamten kurzzeitig die Sehfähigkeit genommen worden. Die Polizei deutete dies zuerst als Tötungsabsicht, bildete eine Sonderkommission und ermittelte mit Abstrichen seither unterstützt durch die Staatsanwaltschaft wegen „schwerer Körperverletzung“. Der Frankfurter Rundschau vom 2. Juni ist zu entnehmen, dass ein Polizist behauptet sein Kollege habe „drei Tage im Koma gelegen“. Abgesehen davon, dass der Beamte nach kurzer Abstinenz wieder im Dienst war, sitzen Aggression und Hass gegen Krisenprotestler*innen tief im Polizeikorps. Das Erlebnis von Pfefferspray in den Augen und Panikschübe hatten in Frankfurt am Samstag und auf vielen Demos davor hunderte Menschen.

Folgen ihrer Propaganda

Der Aufwand polizeilicher Repression gegen Proteste in der Krise ist gegenüber einigen Antikapitalist*innen auffallend groß. Die Weiterführung der Kontrollstellen und das stundenlange Festsetzen von Anreisenden in Bussen, die demütigende Abfertigung der Deportation Airport – Demo und der Kessel um 1052 Personen sind während Blockupy 2013 nur aktuelle Beispiele. Wie es aussieht wenn ein Generalverdacht praktisch umgesetzt wird, konnten wir Samstags erleben, das hatte mit „versammlungsfreundlichem Verhalten“, wie es die Brokdorf-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts von der Polizei verlangt, nichts mehr zu tun, Im Kessel und davor wurden Viele von uns durch Pfefferspray, Tritte, Faustschläge und Einzelne auch durch Schlagstöcke verletzt. Die Zahlen der Sanitäter*innen bewegen sich zwischen 275 und mehr als 400 Verletzten – die Polizei will nur von einem mitbekommen haben. Vor allem wurde der durchaus lebensbedrohliche Reizstoff in die Menge gesprüht, es traf dabei auch wahllos Kinder und Senior*innen. Mehrere Personen mussten im Krankenhaus behandelt werden. Besonders skandalös ist, dass selbst Sanitäter*innen, die bei Verletzten Erste Hilfe leisteten lange nicht zu den Verletzten durchgelassen wurden. Im unzählbaren Bereich befinden sich wohl all Jene die Traumata sowie Momente der Einschüchterung erlebt haben oder -wie es von einer Person gegenüber der emotionalen ersten Hilfe geäußert wurde- das Gefühl sich wie Ungeziefer behandelt gefühlt zu haben zurück bleibt.

Gezielter Angriff auf die Pressefreiheit

Dass dabei, als solche eindeutig erkenntliche, Pressevertreter*innen gewollt verletzt wurden reiht sich lückenlos in die Versuche der Bullen ein, die Pressefreiheit einzuschränken und Berichtende zu kriminalisieren. So wurden bereits Anfang des Jahres, im Zuge der Ermittlungen zu M31, Hausdurchsuchungen bei Journalist*innen durchgeführt um möglicherweise an belastendes Material zu gelangen. Auch darüber hinaus wurden in den letzten Monaten gezielt Pressevertreter*innen bei Demonstrationen und nach Aktionen festgehalten und versucht sie zur Herausgabe ihrer Speichermedien zu nötigen. Oben aufgezeigte Propaganda der Bullen veranschaulicht wie Polizeimeldungen gezielt Hetze betreiben. Hierbei wäre kritisches Hinterfragen von Polizeimeldungen aus Pressesicht das Mindeste um sich nicht vereinnahmen zu lassen. Zudem zeigte die Polizei am Samstag im Umgang mit der Presse wiederholt und ganz offensichtlich, dass für ihre Anwendung von Staatsgewalt die Öffentlichkeit auch eingeschüchtert, verletzt oder ausgeschlossen wird.

…und die Judikative fühlt sich nicht zuständig

Der Frankfurter Justizapparat war schon im letzten Jahr, als bei Blockupy sämtliche Versammlungen bis auf die Großdemo verboten wurden, kooperativ mit polizeilicher Repression und Willkür. Eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit von Kontrollstellen für Busse kann es -wie wir in der Blockupy-Beilage der Roten Hilfe berichteten- frühestens ab Juni geben, was Donnerstags die polizeiliche Durchführung erleichterte. Für die Deportation Airport – Demo am 30.05.2013 wurde das Eilverfahren gegen die Demoverfügung so lange verschleppt, dass (mal wieder dank Feiertag) das Befassen einer höheren Instanz als den hessischen in letzter Sekunde wenig Erfolg versprach. Folglich wurde nur 200 Menschen im Kessel durch das Terminal eine „Versammlung“ gewährt. Bei der Großdemo am vergangenen Samstag war die zuständige Eilrichterin in Telefonaten mit Anwält*innen des Ermittlungsausschusses zuerst nicht informiert, dass es überhaupt einen Kessel gebe und fühlte sich später nicht zuständig um sich mit Anträgen, wie dem Ende der freiheitsentziehenden Polizeimaßnahme oder dem selbst rechtsstaatlich gebotenen Freilassen der gekesselten Anwält*innen, zu befassen.

Wo soll das alles enden?

Nach über einem Jahr ohne Ermittlungserfolge ist es längst überfällig die Ermittlungen zum Angriff auf den Beamten während M31 einzustellen und die Hetze der Polizei nicht mehr abzudrucken. An den Lügen festzuhalten, ist aber offensichtlich im Innenministerium gewollt, was sämtliche Darstellung der Dienstherren -seien sie heute auch kleinlauter als nach M31- in den letzten Tagen beweisen. Dabei das -gerne gegen die Gegener*innen gerichtete- Konstrukt der reisenden Chaoten auf unkontrollierte Beweis- und Festnahmeeinheiten (BFE) von außerhalb anzuwenden, bleibt für Alle fadenscheinig, die beispielsweise das hessische BFE 68 am Flughafen im Einsatz gesehen haben. Als dann am Samstag der hessische Innenminister Boris Rhein, in Klüngelei mit der Polizeiführung, rein auf Verdacht eine ihnen nicht genehmen Demonstration verhinderte und die Justiz sich für nicht zuständig erklärte, verwirklichte sich die Momentaufnahme des kapitalistischen Polizeistaates.

Die Demo war ein Erfolg

Wir werten es als großen Erfolg, dass sich die restliche Demo mit den Gekesselten solidarisierte und sie nicht im Stich ließ als die Willkür der Polizei über ihnen und gegen die davor stehenden Demonstrant*innen wütete. Die Versuche uns zu spalten gingen nicht auf. Dass selbst traditionell konservative Medien vor der alltäglichen Polizeigewalt, den Lügen und dem organisierten Verfassungsbruch wenigstens für ein Wochenende nicht länger die Augen verschließen, begrüßen wir. Es liegt nun an uns Aktivist*innen dies als Anlass zu nehmen, den Protest gegen die Krisenpolitik und für eine befreite Gesellschaft in die breite Masse hinein zu tragen.

Was können wir jetzt tun?

Alle, die im Laufe von Blockupy kontrolliert oder festgenommen wurden, rufen wir dazu auf, sich mit der Roten Hilfe Frankfurt, dem EA Frankfurt, einer Ortsgruppe oder anderen solidarischen Antirepressionsstrukturen in ihrer Nähe in Verbindung zu setzen. Schreibt Gedächtnisprotokolle und behaltet diese für den Fall eines Verfahrens sicher auf. Gemeinsam mit dem Ermittlungsausschuss und dem Blockupy-Bündnis wollen wir massenhafte Klagen gegen die Polizeikessel anstrengen, der sich Betroffene anschließen können. Alle die im Kessel waren und deren Personalien festgestellt wurden, können sich (bitte nicht mit der klandestin(st)en Adresse!) auf dem Emailverteiler hier eintragen:

http://lists.notroika.org/cgi-bin/mailman/listinfo/blockupykessel

Als Rote Hilfe können wir euch Anwält*innen vermitteln, euch beraten, versuchen Antirepressionskosten aufzufangen und gemeinsam Strategien entwickeln um das juristische und aktionistische Nachspiel politisch zu begleiten. Dies gilt insbesondere für Menschen, denen nach Demos und Aktionen Strafverfahren angehängt werden sollen. So wurde denen, den stundenlang ihre Freiheit durch den Kessel genommen wurde, individuell Vorwürfe von Landfriedensbruchs, Vermummung, Widerstand gegen die Staatsgewalt, Beleidigung oder Schutzwaffen gemacht.

 

Spenden

Im Kapitalismus braucht Solidarität Geld, um die Festgenommenen bei Prozessen finanziell zu unterstützen und unter anderem und mit Anderen die massenhaften Klagen einzuleiten. Bitte spendet auf unser Konto:

Rote Hilfe e.V. OG Ffm

Kontonummer: 4007 238 390

BLZ: 430 609 67 (GLS-Bank)

Verwendungszweck: Krisenproteste

Organisiert euch – werdet Mitglied in der Roten Hilfe!

Bleibt widerständig und solidarisch!

 

Kontakt zur Roten Hilfe Frankfurt

http://frankfurt.rote-hilfe.de

Beratung: Jeden 2. und 4. Montag im Monat, 20 bis 22 Uhr im Café ExZess, Leipziger Str. 91
ffm1 rote-hilfe2 de

Mails an uns -insbesondere bei möglicherweise ermittlungsrelevanten Angaben nur verschlüsselt- schicken, den PGP-Key findet ihr hier.

 

*Polizeipressesprecher zum hr am 01.06. vorm Kessel.

**Einige der Fakten, die für das geplante Eingreifen der Polizei sprechen, sind einmal die baulichen Begebenheiten des Ortes, an dem gekesselt wurde: Eine enge Straße ohne Anwohner*innen, die sich empören oder solidarisieren könnten (wobei das Verhalten der Menschen aus dem Schauspiel wohl nicht einkalkuliert war). Zudem waren mobile Toiletten auffallend schnell angekarrt, nirgendwo sonst in der Stadt bzw. auf der gesamten Demoroute befanden sich vor der Demonstration so viele Beamte und wenn überhaupt Hamburger Gitter zur Absperrung. In umliegenden Häusern soll unter der Woche gefragt worden sein, ob Kameras installiert werden dürften. Sanis und ein Arzt berichten von Vorbereitungen, die ihnen Zugangswege am späteren Tatort verstellten. Hinzu kommen die an einem Ort konzentrierten Polizeikräfte, die ihre Waffenlogistik (wie dosenweise Pfefferspray in einem Einsatzwagen), Standortsicherung (die Einsatzfähigkeit der Polizei ums Schauspiel und jüdisches Museum war schon vorm Kessel „gewährleistet“) und gerüchteweise auch das Einsetzten von agents provocateurs (schwarz vermummte Zivilbullen sollen, kurz vor dem Loslaufen und Stoppen der Demo, in einem Wagen unweit des späteren Kessels gesichtet worden sein) längst vorbereitet hatten.

 

  1. ät []
  2. dot []