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Repression und Widerstand in Chile // 26. September 19:00 Uhr

Veranstaltung zu Repression & Widerstand in Chile: 1973 Militärputsch, 2019 Aufstand und Heute

Am 4. September 2022 wurde in Chile in einem Referendum ein neuer progressiver Verfassungsentwurf abgelehnt, der die alte autoritär-neoliberale Verfassung der Pinochet-Diktatur ersetzen sollte. Dem Weg zur Abstimmung gingen lange Kämpfe voraus. 2019 entbrannten soziale Proteste in Chile, weil die Fahrpreise für die Metro erhöht wurden. Die tagelangen Riots wuchsen zu einem landesweiten Aufstand an, den die chilenische Regierung durch die Zustimmung zu einem verfassungsgebenden Prozess versuchte zu befrieden. Heute befinden sich die Bewegungen in einer Rekonsolidierungsphase, während die extreme Rechte sich im Aufwind befindet.

Eine Besonderheit ist der starke Bezug der chilenischen Bewegungen nicht nur auf die gegenwärtigen politischen Gefangenen, sondern auch auf die historische Repression der Pinochet-Diktatur. Die Erinnerung an die Gefangenen, Gefolterten und Ermordeten der Diktatur und die Forderung nach Aufarbeitung insbesondere der Praxis des „Verschwinden-Lassens“ spielen eine große Rolle und werden mit der Erfahrung der gegenwärtigen Repression verknüpft.

Sowohl die soziale Zusammensetzung der chilenischen Revolte und ihre Verbindung zu feministischen und indigenen Kämpfen, als auch die einzigartige Verknüpfung von historischer und aktueller Repression, machen Chile zu einer spannenden historischen Erfahrung, von der wir viel lernen können, wenn es uns gelingt, über Grenzen hinweg zu einer gemeinsamen internationalistischen Diskussion zu kommen.

Was hat das neoliberale Labor der Militärdiktatur von 1973 mit dem Aufstand von 2019 und dem Verfassungsreferendum von 2022 zu tun? Welche Relevanz hat diese Geschichte für Kämpfe in Deutschland? Welcher Repression sind die Genoss*innen ausgesetzt und wie organisieren sie ihren Widerstand? Um diese Fragen zu diskutieren und in einen gemeinsamen Austausch zu kommen, sind Aktivist:innen aus verschiedenen Strömungen und Spektren eingeladen, die von der historischen wie aktuellen Repression, aber auch aus dem Inneren der feministischen und der Schüler*innen-Bewegung berichten werden.

Diese 5 Genoss:innen aus Chile berichten über Widerstand und Repression:

Antonia ist 19 Jahre alt, seit langer Zeit Teil der Schüler*innenbewegung in Chile, deren Proteste 2019 den Startschuss für die soziale Revolte bildeten. Sie ist seit vier Jahren in der „Asamblea coordinadora de estudiantes secundarios de Chile“ und von 2019 bis 2021 auch deren Sprecherin gewesen. Heute studiert sie in Santiago de Chile.

Elisa ist in der AG Gedenken und Menschenrechte und seit diesem Jahr Sprecherin der „Coordinadora Feminista 8M“, die sowohl an den außerparlamentarischen feministischen Kämpfen gegen Femizide und für die Legalisierung von Abtreibung beteiligt waren als auch an der Erarbeitung des progressiven Verfassungsentwurfs. Elisa Franco ist Juristin und macht geführte Touren durch das Nationalstadion als Erinnerungsort. Sie kommt aus einer linkspolitischen Familie, von der Teile ins Exil gegangen sind und bis heute in Deutschland leben.

Esteban wurde 1992 in einer Familie kommunistischer und christlicher Aktivisten geboren. Er studierte Geschichte und war Mitglied des Studentenverbands der Universität von Chile und im Caracol-Kollektiv aktiv. Als Historiker veröffentlichte er u.a. Bücher zur militanten Geschichte von Christ*innen im Widerstand. Im Rahmen des Aufstandes 2019 und des folgenden verfassungsgebenden Prozesses war Esteban u.a. Mitglied des selbstorganisierten Rates WAF im Vorort La Florida.

Tote und Pablo sind Künstler und Aktivisten. 2019 nahmen sie an der Revolte in Chile teil und dokumentierten den Widerstand gegen die Repression der pacos culiaos (wie die *Bullenschweine* im Volksmund dort genannt werden), die ästhetischen Ausdrucksformen der Menschen durch Graffiti, Wandmalereien und Drucke, die Aneignung öffentlichen Raumes als Orte der Begegnung und kreativen Experimentierens. Auch selbst intervenierten sie mit künstlerischen Aktionen, beispielsweise mit dem Negro Matapacos (https://de.wikipedia.org/wiki/Negro_Matapacos…. Sie werden einige ihrer Werke, Fotos etc. ausstellen und verkaufen, um Antirepressions- und Bildungsarbeit zu finanzieren.“

Die Delegationsreise ist organisiert von der Roten Hilfe e.V. & Chilesoli.22.

Wann: Dienstag, 26. September 2023 um 19:00 Uhr
Wo: Café Exzess, Leipzigerstr. 91, Frankfurt

Demo: Lasst Jule in Ruhe! // 23.09. 15:00 Uhr

Sharepic zur Demo mit Motto und Termin

Seit Juli (also seit über sechs Wochen) drangsaliert die Frankfurter Polizei die 18-jährige Pressesprecherin Jule Liebig. Unzählige Personenkontrollen, Durchsuchungen, Streifenwägen vor der Wohnung und Verfolgung durch Zivis. Belästigungen der Nachbarschaft und der Familie. Es handelt sich um einen Repressionsskandal, den wir in diesem Ausmaß noch nicht kennen. Wir sagen: „Lasst Jule in Ruhe! Pressearbeit ist kein Verbrechen!“. Kommt alle zur bundesweiten Demo am 23.9. um 15 Uhr am Kaisersack (Hbf) in Frankfurt!

Der Solikreis ruft auf:

Jule Liebig ist seit einigen Jahren in linken Zusammenhängen in Frankfurt aktiv. Im letzten Jahr hat sie den Pressekontakt für verschiedene linke und linksradikale Projekte übernommen. Sie sprach unter anderem für die Hausbesetzung in der Günderrodestr im Gallus Presse, als auch für die Frankfurter Plattform gegen Inflation und Krise „Ebbe langts!“. Als Pressesprecherin trug die 18-jährige so emanzipatorische Forderungen in die Öffentlichkeit, verschaffte unseren Positionen Gehör und war eine zentrale Stimme der linken Bewegung. Indem sie sich mit ihrem Gesicht in die Öffentlichkeit gestellt hat, hat sie Ansprechbarkeit für oft viel zu anonyme linke Aktionen hergestellt. Dafür, dass Jule immer wieder diese häufig unbeliebte Aufgabe übernommen hat, können wir nicht oft genug Danke sagen.  

Der Frankfurter Polizei reicht der öffentliche Kontakt zur Presse aber aus, um einen nie dagewesenen Rache- und Einschüchterungsfeldzug gegen Jule zu führen. Fast 7 Wochen lang wurde Jule jeden Tag, den sie in Frankfurt war, von Streifenpolizist*innen kontrolliert – egal, in welchem Viertel, an welchem Wochentag oder zu welcher Uhrzeit. Sobald sie alleine war, wurde sie von einem Streifenwagen unter dem Vorwand der Gefahrenabwehr angehalten. Ihre Personalien wurden kontrolliert, gelegentlich wurde sie durchsucht und gegen die Wand gestellt – manchmal dauerte das Ganze ein paar Minuten, manchmal über eine halbe Stunde.  In regelmäßigen Abständen tauchten Streifenwagen vor ihrem Haus auf, um dort herumzuschnüffeln. Ein weißer Transporter stand stundenlang vor ihrer Haustür und verfolgte sie durch die Stadt.Zu so manchen Termin wurde Jule von Zivilbeamt*innen verfolgt. Die Frankfurter Polizei betreibt so systematischen Psychoterror gegen eine 18-jährige, weil sie es wagt, linksradikale Positionen gegenüber der Presse zu vertreten. […]

Deswegen rufen wir auf: Kommt am 23. September um 15 Uhr zur bundesweiten Demo nach Frankfurt am Main. Startpunkt der Demo ist am Kaisersack, direkt vor dem Frankfurter Hauptbahnhof  Schickt uns eure Solidaritätsbekundungen! Zeigen wir gemeinsam den Repressionsbehörden, dass ihre Verbrechen nicht ungesehen bleiben! Wir stehen zusammen und halten zu Jule! Brechen werdet ihr uns nie! Pressearbeit – Jetzt erst recht! 

Den vollen Aufruf findet ihr auf indymedia unter diesem Link. Der Solikreis kündigt weitere Texte und Infos zur Demo an!

Wann: Samstag, 23. September um 15:00 Uhr
Wo: Kaisersack
; gegenüber des Haupteingangs des Frankfurter Hauptbahnhofs

Prozesstermine gegen Aktivisten Ali Ö. wegen „Terrorismus“-Vorwurfs im September

Montag, 18. September
Freitag, 22. September
Mittwoch, 27. September
Freitag, 29. September

Die Verhandlungen beginnen jeweils um 9:30 Uhr, Saal II, Gebäude E, Konrad-Adenauer-Str. 20, Frankfurt/M.

Zeigt Solidarität im Prozess und lasst den Angeklagten nicht alleine! Angeklagt ist einer – gemeint sind wir alle!

Rechtshilfefonds AZADÎ e.V.
azadi@t-online.de
www.nadir.org/azadi

Samstag 19. August 2023 // Rote Hilfe Summerlounge

16-18 Uhr holen wir die Buchvorstellung und Diskussion mit der Autorin von „Ohne Polizei/Gewalt“ nach, die leider aufgrund der überraschenden und gewaltvollen Räumung der Dondorf Druckerei Besetzung ausfallen musste. Bitte kommt pünktlich, wir wollen gerne direkt starten, damit genug Zeit bleibt.

18-20 Uhr DJ Team CinCin (Italodisco)

20-22 Uhr DJ Jaraya3000 & DJ Krise (House, Electronic, Dance, Global Bass – Insta: @jaraya3000, @djkrise)

Dazu Solicocktails und die üblichen Drinks von der Kurzi-Bar. Kommt ran aufn Meter und bringt eure Friends und Genoss:innen mit! Wir freuen und auf euch, eure Rote Hilfe Frankfurt ✊
[Planmäßig werden auch wieder die Soli Plakate „how to paint a train“ und „how to paint a wall“ für kleines Geld vertickt, sowie die 129er Shirt]

Datum und Zeit: Samstag 19. August 2023 – 16:00 bis 22:00 Uhr
Veranstaltungsort: am Café Kurzschlusz auf dem Campus der FH, Kleiststraße 5 (rotes Haus), Frankfurt

Prozesstermine gegen Aktivisten Ali Ö. wegen „Terrorismus“-Vorwurfs im August

Montag, 21. August
Freitag, 25. August


Die Verhandlungen beginnen jeweils um 9:30 Uhr, Saal II, Gebäude E, Konrad-Adenauer-Str. 20, Frankfurt/M.

Zeigt Solidarität im Prozess und lasst den Angeklagten nicht alleine! Angeklagt ist einer – gemeint sind wir alle!

Rechtshilfefonds AZADÎ e.V.
azadi@t-online.de
www.nadir.org/azadi

Buchvorstellung: Ohne Polizei/Gewalt // 12.07. 19:00 Uhr

Die Polizei setzt gesellschaftliche Ordnungsvorstellungen durch. Dabei formt und ordnet sie Gesellschaft mit Gewalt. Die Frage nach Gewalt ist aber mit der Frage nach Gerechtigkeit verbunden. Je mehr die sozialen Umstände sich zuspitzen, desto dringlicher wird diese Frage. Woher kommt die Idee der gesellschaftlichen Notwendigkeit einer Polizei?

Geteilt werden unter anderem Ergebnisse einer historischen Recherche zur Ideengeschichte der Polizei – um sich mit ihr auf einer theoretischen, politischen und praktischen Ebene auseinanderzusetzen.
Welches Verständnis von Gerechtigkeit erhält und verteidigt die Polizei? Welche Rolle hat (Polizei)Gewalt in diesem Gerechtigkeitsverständnis?

Eine Einladung, die dringliche gesellschaftliche Debatte über die Abschaffung der Polizei zu verstärken – durch theoretische und praktische Auseinandersetzung mit sozialer Gerechtigkeit und Gewalt.

[Buchpreis 18.00€]

Wann: Mittwoch, 12. Juli um 19:00 Uhr
Wo: Ehemaliges Polizeigefängnis Klapperfeld
, Klapperfeldstraße 5, 60313 Frankfurt am Main; Nähe Konstabler Wache. Nur eingeschränkt rollstuhlbenutzbar, aber mit rolli-klo! Bitte mail schreiben an ffm@rote-hilfe.de wenn Bedarf da is, dann regeln wir. Gerne diesbezüglich unverschlüsselt. Wir brauchen nur deine Ankunftszeit damit wir uns vorbereiten können. Es gibt planmäßig kalte Getränke. Der Veranstaltungsraum ist rauchfrei.

Prozesstermine gegen Aktivisten Ali Ö. wegen „Terrorismus“-Vorwurfs im Juni

Mittwoch, 7. Juni
Montag, 12. Juni
Freitag, 16. Juni
Mittwoch, 21. Juni
Freitag, 23. Juni
Mittwoch, 28. Juni
Freitag, 30. Juni

Alle Verhandlungen beginnen jeweils um 9.30 Uhr, Konrad-Adenauer-Str. 20, Frankfurt/M, vermutlich in Sitzungssaal 165 C, Gebäude C.

Zeigt Solidarität im Prozess und lasst den Angeklagten nicht alleine! Angeklagt ist einer – gemeint sind wir alle!

Rechtshilfefonds AZADÎ e.V.
azadi@t-online.de
www.nadir.org/azadi

„Fragmente gegen das Jetzt“ – Release der Edition, 1. Juni 2023 ab 19:00 // Solibox Rote Hilfe e.V.

Am 1. Juni, ab 19 Uhr, veranstaltet Synnika eine Release-Veranstaltung für die kürzlich erschienene Soli-Edition „Fragmente gegen das Jetzt“.

Die Kunstedition erscheint auf Initiative von Jonas Höschl und thirtysixshots (Tim Erdmann & Christina Gotz) und in Kooperation mit Synnika e.V. Die A4-Boxen in zwei Varianten versammeln limitierte Editionsdrucke von je 5 Künstler*innen in einer Gesamtauflage von 10 Boxen je Set. Der Verkauf soll der Aktivierung von Spenden an Rote Hilfe e.V. dienen.

Die Rote Hilfe, ihrem Selbstverständnis nach eine „parteiunabhängige strömungsübergreifende linke Schutz- und Solidaritätsorganisation“, ist ein Verein zur Unterstützung linker Aktivistinnen. In Zeiten in denen Umweltaktivistinnen im öffentlichen Diskurs mit sich bewaffnenden Nazis gleichgesetzt werden, erscheint es uns notwendig, emanzipatorische Strukturen zu entkriminalisieren und sie aktiv zu fördern. Für die Aktion konnten wir Donja Nasseri, Luise Marchand, Kai Ruhland, Marta Vovk, Avery Gia Sophie Schramm, Emma Adler, Jonas Fahrenberger und Ju Young Kim für ihre Unterstützung mit Kunstwerken gewinnen.

Jede der zwei Soli-Boxen kostet 500€ und umfasst 5 Editionsdrucke die auf eine Auflage von 10 Stück limitiert sind. Alle Einnahmen werden an den Rote Hilfe e.V. gespendet.

Bei allen Fragen zum Erwerb der Boxen wenden Sie sich an naomirado@synnika.space.

Datum und Zeit: Donnerstag, 1. Juni 2023 – ab 19:00 Uhr
Veranstaltungsort: NIKA.haus, Niddastraße 57, Frankfurt

https://synnika.space/events/fragmente-gegen-das-jetzt

Die Rote Hilfe Ortsgruppe Frankfurt dankt schon jetzt allen Beteiligten und beitragenden Künstler_innen, und selbstverständlich allen, die mit dem Erwerb einer Box unsere Solidaritätsarbeit unterstützen. Solidarisch sein ist keine Kunst, aber Solidarität ist eine Waffe!

Urteilsverkündung im Prozess gegen Abdullah Ö. am 11.05.2023

Ein weiterer „Terrorismus“-Prozess, der seit dem 11. April 2022 vom Staatsschutzsenat des OLG Frankfurt/M. gegen den kurdischen Aktivisten Abdullah Ö.(59) alias „Xebat“ geführt wird, steht vor seinem Abschluss. Die Vertreter der Bundesanwaltschaft haben inzwischen plädiert und für den Angeklagten eine Haftstrafe von fünf Jahren und drei Monaten beantragt. Eine Forderung, die es in dieser Höhe lange nicht gegeben hat. Das letzte Mal verurteilte das OLG Düsseldorf im Jahre 2015 einen Kurden zu einer sechsjährigen Freiheitsstrafe.

Im Gegensatz zu dieser Strafhöhe, für die sich die Bundesanwaltschaft des Dankes des türkischen Regimes gewiss sein kann, hat die Verteidigung in der Verhandlung am 21. April für ihren Mandanten auf Freispruch plädiert.

Abdullah Ö. war am 11. Mai 2021 in Heilbronn festgenommen worden. Auch gegen ihn wurde wegen PKK-Mitgliedschaft ermittelt und ihm vorgeworfen, von August 2019 bis Juni 2020 für verschiedene „PKK-Gebiete“ verantwortlich tätig gewesen zu sein und die typischen Leitungsaufgaben – organisatorische, personelle und propagandistische Arbeiten – wahrgenommen zu haben.

Seit seiner Festnahme befindet sich Abdullah Ö. in U-Haft in der JVA Frankfurt/M.

24. April 2023: Prozesseröffnung gegen Aktivisten Ali Ö. wegen „Terrorismus“-Vorwurfs

Vor dem 8. Strafsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Frankfurt/M. wird am 24. April 2023 das Staatsschutzverfahren gegen den kurdischen Aktivisten Ali Ö. (55) eröffnet, der sich seit seiner Festnahme am 24. Mai vergangenen Jahres unter verschärften Bedingungen in Untersuchungshaft  in der JVA Frankfurt/M. I befindet.

Die Generalstaatsanwaltschaft beschuldigt Ali Ö. alias „Dijwar“, als Mitglied in der ausländischen „terroristischen“ Vereinigung PKK eine „Kader“-Tätigkeit“ ausgeübt zu haben. So soll er seit Mitte Juli 2019 bis zu seiner Festnahme für die politische und organisatorische Betreuung der Gebiete „Gießen“, später „Kassel“ und „Erfurt“ verantwortlich gewesen sein. Dabei habe er Versammlungen durchgeführt, die Arbeit von Aktivist:innen koordiniert oder zur Teilnahme an Festivals oder anderen Großveranstaltungen mobilisiert, Nachwuchs angeworben und Spendengeldkampagnen überwacht. Eine individuelle Straftat wird ihm nicht vorgeworfen.

Die Legitimierung zur strafrechtlichen Verfolgung und Durchführung dieses politisch motivierten Verfahrens hat das Bundesjustizministerium mit der Ermächtigung vom 6. September 2011 erteilt (§129b Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 StGB).

Wie in allen 129a/b-Verfahren üblich basiert die Anklage auf „Erkenntnissen“ aus Durchsuchungen und hierbei beschlagnahmten Unterlagen, aus der Fahrzeuginnenraumüberwachung, der Observierung eines bestimmten Personenkreises sowie einer umfassenden Kontrolle der Telekommunikation.

Weil er in der Türkei staatlicher Repression ausgesetzt war, ist Ali Ö. Ende 1994 nach Deutschland exiliert und hat hier politisches Asyl beantragt, das jedoch abgelehnt wurde. In den Folgejahren erhielt der Kurde regelmäßig Aufenthaltstitel in Form von Duldungen.

Seit der Vater von sechs Kindern in Deutschland lebt, hat er sich für den gerechten Kampf der Kurdinnen und Kurden um Befreiung, gegen Kolonialisierung, für Frieden, Demokratie und Selbstbestimmung politisch eingesetzt. Dass dieses Engagement für den Kurden auch hier angesichts der staatlichen Kriminalisierungspolitik gegenüber der kurdischen Bewegung folgenreich war, hat er schmerzlich erleben müssen: Verurteilung wegen Mitgliedschaft in einer „kriminellen“ Vereinigung (§129 StGB), Bewährungsstrafe wegen Verstoßes gegen das Vereinsgesetz und im Oktober 2016 Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten nach §129a/b StGB. Dieses systematisch als „Terrorismus“ kriminalisierte politische Engagement wird mit diesem Verfahren fortgeführt in dem Bestreben, die politische Identität und Gesinnung des Angeklagten zu brechen. Ob dieses Ziel aber erreicht wird, dürfte mehr als fraglich sein.

AZADÎ ruft dazu auf, den Prozess gegen Ali Ö. zu besuchen und auf diese Weise Öffentlichkeit herzustellen für ein Verfahren, dem handfeste wirtschaftliche, geostrategische und NATO- Interessen zugrunde liegen. Den politischen Charakter aller 129b-Verfahren macht alleine schon die Ermächtigung des Bundesjustizministeriums zur strafrechtlichen Verfolgung deutlich, die  im Einvernehmen mit anderen Bundesministerien und des Kanzleramtes erteilt wird.

Der Prozess beginnt am 24. April 2023, um 9:30 Uhr, in Saal 7 im Gebäude E des OLG Frankfurt/M., Konrad-Adenauer Str. 20.
Das Verfahren wird am Freitag, 28. April, 13:00 Uhr, in Sitzungssaal 165 C, Gebäude C fortgesetzt.

Rechtshilfefonds AZADÎ e.V.
azadi@t-online.de
www.nadir.org/azadi