Buchvorstellung am Freitag, 18. Oktober 2019 um 20:00 // Gewalt. Macht. Widerstand. G20 – Streitschrift um die Mittel zum Zweck

Buchvorstellung im Rahmen der Gegenbuchmasse
Andreas Blechschmidt: Gewalt. Macht. Widerstand – G20 – Streitschrift um die Mittel zum Zweck

Das Projekt einer emanzipatorischen linken Alternative zum kapitalistischen System ist auch mit der Frage der Mittel zu dessen Überwindung verbunden. Beim G20-Gipfel im Juli 2017 in Hamburg waren es die Bilder des Protestes, die die öffentliche Wirkung des Treffens bestimmt haben. Militante Aktionsformen spielten dabei eine wichtige Rolle. Waren diese Ereignisse Vorboten eines kommenden Aufstandes oder Strohfeuer einer Revolte, die sich in der bloßen Konfrontation mit der Polizei erschöpft hat? Brennende Barrikaden und Autos, geplünderte Geschäfte sowie eine vorübergehende polizeifreie Zone haben zu unterschiedlichen politischen Bewertungen in der radikalen Linken geführt.
Das Buch „Gewalt. Macht. Widerstand.“ unternimmt den Versuch, die Hamburger Ereignisse des Juli 2017 mit Blick auf die militanten Aktionsformen zu analysieren. Ein Augenmerk liegt auf der Frage, inwieweit die radikale Linke heute in der Wahl ihrer Mittel an politische Überlegungen linker Theoretiker*innen anknüpft. Mit der Bezugnahme auf Arbeiten von u.a. Hannah Arendt und Herbert Marcuse werden die aktuellen Möglichkeiten und Perspektiven einer revolutionären Veränderung untersucht. Dabei sollen unterschiedliche Vorstellungen über militante linke Politikkonzepte nicht als sich widersprechende Positionen begriffen werden, sondern als produktiver Streit um die richtige Strategie.
Andreas Blechschmidt wird die zentralen Thesen seines Buchs vor- und zur Diskussion stellen.

Datum und Zeit: Freitag 18. Oktober 2019 – 20:00 Uhr
Veranstaltungsort: Centro, Alt-Rödelheim 6, Frankfurt-Rödelheim

Soliparty am Freitag, 04. Oktober 2019 ab 22:00 // für die 3 von der Autobahn

Drei linke Aktivisten aus Nürnberg wurden am Mittwoch, den 21.08.19, auf dem Weg in den Urlaub im Baskenland von der Polizei an einer Autobahnkontrollstelle nach Biarritz festgenommen. Die Polizeiaktion fand wegen dem nahenden G7 in Biarritz statt. Der Grund (angeblicher illegaler Waffenbesitz aufgrund eines Pfeffersprays), wegen dem sie festgenommen wurden, wurde vor Gericht wieder fallen gelassen – es reichte aber alleine der Vorwurf offensichtlich in Frankreich, um den Vorwurf eines „spontanen Zusammenschlusses einer Gruppe zur Vorbereitung von Gewalttaten“ zu kreieren und die Drei daraufhin zu 2 und 3 Monaten Haft zu verurteilen.
Bislang gibt es trotz massiver Intervention keinen Zugang zu den Verurteilten. Es wurde kein Wahlverteidiger bislang zugelassen, sondern ausschließlich Pflichtverteidiger. Einen Tag nach der Verurteilung wurden die drei (18-22-jährige junge Männer) auf drei unterschiedliche Gefängnisse verteilt. Eines der Gefängnisse hat laut Medienberichten katastrophale Bedingungen für die Häftlinge und ist komplett überbelegt.
Seit dem Vorfall sind nun über 2 Wochen vergangen – und niemand, nicht mal die Eltern, haben bislang mehr als vereinzelte offizielle Informationen.
Der Kontakt ist nur über den Postweg möglich, und kann deshalb bis zu drei Wochen dauern. Keiner der drei spricht französisch und keiner hat momentan einen Rechtsbeistand. Die Inhaftierten durften bisher auch nicht telefonieren, da keiner bis jetzt einen Anruf von ihnen bekam. Weder Familie, Angehörige, noch Anwälte.
Diesen krassen Fall von Repression wollen wir nicht einfach so auf uns sitzen lassen, und die Gefangenen so gut unterstützen, wie es geht.

Mehr Infos und das Spendenkonto sowie die Adresse für Solifotos findet ihr auf redside.tk

Datum und Zeit: Freitag 4. Oktober 2019 – 22:00 Uhr
Veranstaltungsort: Café Koz, Mertonstraße 26-28, Frankfurt

Rote Hilfe Zeitung (RHZ) 3.2019 erschienen // Schwerpunkt „Straflosigkeit!“

Hier zum direkten Download. Alle Ausgaben seit 3/2011 sind ebenso als PDF-Download verfügbar.

Die neue Rote Hilfe Zeitung ist erschienen. Schwerpunkt der Ausgabe ist das Thema „Straflosigkeit!“. Ihr könnt die Zeitung in linken Buch- und Infoläden kaufen oder im Literaturvertrieb bestellen. Mitglieder bekommen die Zeitung zugeschickt.

IN EIGENER SACHE
4 Geld her! Dafür brauchen wir Eure Mitgliedsbeiträge …
8 Stammheim, Stadion, Staatsgefährdung?! – Bericht zum Bakj-Sommerkongress 2019

REPRESSION
9 Heraus zum Schwarzen Freitag – Solidarität gegen Betriebsrepression
12 linksunten verboten – Streitgespräch über Meinungsäußerungsfreiheit und Klassenjustiz
14 40 Jahre Berufsverbote in Baden-Württemberg
17 Versammlungsfreiheit gegen Gebühr? – Die Polizei bittet zur Kasse

REPRESSION INTERNATIONAL
19 Freiheit für Jock Palfreeman!
21 Kampf hinter Gittern – Was „Knast-Anwälte“ können: Ein Interview mit Mumia Abu-Jamal
23 „Wer Kritik äußert, wird verdächtigt“ – Ein Aktivist aus Burkina Faso berichtet

SCHWERPUNKT
26 Die Untertanen – Gedanken zu Autoritätshörigkeit
30 Polizeigewalt in Deutschland – Ein Fall für Amnesty International
32 Polizist_innen anzeigen?! Das schafft keine Gerechtigkeit
34 Zweierlei Maß – Grundsätzliche Probleme der strafrechtlichen Aufarbeitung von Polizeigewalt
36 Nein. Kein Zufall und kein Einzelfall – Zur Bochumer Studie über Polizeigewalt
38 Eine Tat, ein Toter, aber kein Täter – Die Tötung von Laye Condé im Jahr 2005
40 „Grotesk falsch“ – Der sogenannte Bremer Brechmittelprozess
43 Sich fragen, wie das geschehen konnte
46 Brutal, korrupt, illegal und ohne Konsequenzen
48 Racial Profiling – Rassistische Polizeipraxis ist Alltag
49 Straflosigkeit ist die Regel – Interview mit Aldo Marchesi

AZADI
54 Azadi

GET CONNECTED
58 Facebooks schlimmstes Gift – Die Zahlenreligion ist das Heroin der Aktivist_innen

AUS ROTER VORZEIT
60 Die illegale Rote Hilfe Deutschlands im Bezirk Niederrhein ab 1933

REZENSION
63 Verrat in München und Burghausen

In eigener Sache // Veränderung der Sprechstundenzeit

Info- und Beratungsabend // jeden 2. & 4. Montag im Monat // 20.00 – 21:30 Uhr // Café Exzess

Auch bei der Roten Hilfe ändern sich manchmal Traditionen. Wir verkürzen die regelmäßige Sprechstundenzeit unseres Info- und Beratungsabends um eine halbe Stunde, sodass sie nun um 21:30 Uhr endet. Beginn und der Rhythmus ändern sich nicht.

In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass uns im Vergleich wenige erst nach 21:30 Uhr ansprechen. Wenn es etwas länger zu besprechen gibt, werden uns euch auch weiterhin bis 22 Uhr Zeit nehmen, aber sprecht uns bitte in Zukunft vor 21:30 Uhr an.

Auch weiterhin unverändert: Wir können uns mit euch außerhalb der Beratungsabende treffen, wenn ihr euch per Mail meldet.

Veranstaltung am Donnerstag, 11. Juli 2019 um 19:00 // Alte und neue Wege durch den Knast: Solidarität gegen Repression

Die Veranstaltung hat das Ziel, das Thema Knast, Repression und Solidarität wieder stärker ins Bewusstsein zu rücken.
Viele politisch Aktive haben in den letzten Jahren direkte persönliche Erfahrungen mit Knast gemacht. Von kurzen Ingewahrsamnahmen, über mehrmonatige Untersuchungshaft, bis zu mehrjährigen Haftstrafen. Oft wurde dies außerhalb des persönlichen Umfeldes nur am Rande wahrgenommen.
Zugleich gibt es bei Prozessen gegen Linke immer wieder Einlassungen und Deals mit den Repressionsorganen in der Hoffnung, für sich individuell mildere Strafen erreichen zu können.
Die Bedeutung von Solidarität für Gefangene und von Repression Betroffene und was es mit solchen Deals auf sich hat, werden Themen der Veranstaltung sein.

Eingeladen sind ehemalige politische Gefangene, die viele Jahre im Knast waren, und Aktivist*innen aktueller Kämpfe aus dem Hambacher Forst, die über ihren jeweiligen – vielleicht gar nicht so unterschiedlichen – persönlichen und politischen Umgang mit Repression und Knast diskutieren werden.

Datum und Zeit: Donnerstag 11. Juli 2019 – 19:00 Uhr
Veranstaltungsort: Ehemaliges Polizeigefängnis Klapperfeld, Klapperfeldstraße 5, Frankfurt

Rote Hilfe Zeitung (RHZ) 2.2019 erschienen // Schwerpunkt „Oury Jalloh – das war Mord!“

Hier zum direkten Download. Alle Ausgaben seit 3/2011 sind ebenso als PDF-Download verfügbar.

Die neue Rote Hilfe Zeitung ist erschienen. Schwerpunkt der Ausgabe ist das Thema „Oury Jalloh – das war Mord! Vertuschung, Widerstand, Repression“. Ihr könnt die Zeitung in linken Buch- und Infoläden kaufen oder im Literaturvertrieb bestellen. Mitglieder bekommen die Zeitung zugeschickt.

Inhaltsverzeichnis
IN EIGENER SACHE
4 Geld her! Dafür brauchen wir Eure Mitgliedsbeiträge
7 Gemeinsame Erklärung des Bundesvorstands der Roten Hilfe e.V. und des Redaktionskollektivs der Rote-Hilfe-Zeitung zur RHZ-Ausgabe 1/2019

REPRESSION
8 Der §114 StGB … ein Freifahrschein für staatliche Willkür – Exemplarischer Prozess wegen „Angriffs auf Vollstreckungsbeamte“
10 Um Haaresbreite – Die Flasche, der Tatbeobachter und die Einlassung
13 Die Anklage wackelt – Zwischenbericht zum Elbchaussee-Prozess
15 Experimentierfeld Flüchtlingslager – An Geflüchteten übt der Staat Repressionstechniken, die uns alle treffen werden
18 Die Mär vom genetischen Phantombild – Die „Erweiterten DNA-Analysen“ auf dem Vormarsch

SCHWERPUNKT
21 Oury Jalloh – das war Mord! Vertuschung, Widerstand, Repression
22 „Lohnende Eliminations-Ziele für forsche Schutzmänner“ – Interview mit Claus Metz von der Internationalen Unabhängigen Kommission
25 Menschenverachtende Staatsraison – Zu den „Ermittlungen“ der Staatsanwaltschaften
25 Chronologie im Fall Oury Jalloh
31 Aufklärung? Irgendwas ist immer …
36 Aufklärung der Wahrheit über den Oury-Jalloh-Komplex – Gründung, Ziele und Arbeitsweisen der Kommission
39 „Sie können unseren Aufklärungswillen nicht brechen!“ – Staatliche Repressionsstrategien zur Vertuschung des Mordes an Oury Jalloh
44 Gezielte Repression gegen die „Initiative in Gedenken an Oury Jalloh“ – Eine (unvollständige) Chronologie
48 Forderungen der Internationalen Unabhängigen Kommission zur Aufklärung der Wahrheit über den Fall von Oury Jalloh

AZADI
49 Azadi

REPRESSION INTERNATIONAL
52 Grenzenlose Solidaritätsarbeit! Aktuelle Repression gegen den Widerstand von Geflüchteten
54 Freispruch für die „Moria 8“ – Die Kämpfe in den griechischen Flüchtlingslagern gehen weiter
55 Nur noch Schrottwert: Londons Polizei wrackt ihre drei Wasserwerfer ab – mit riesigem Verlust
56 Mit vereinten Kräften für die Gefangenen – Widerstand gegen dramatische Haftbedingungen in Kolumbien

AUS ROTER VORZEIT
60 „Eine der wichtigsten Aufgaben zur Stärkung des antifaschistischen Kampfes“ – Die Rote Hilfe Deutschlands in Hessen-Frankfurt in der Illegalität ab 1933

64 Literaturvertrieb
66 Adressen
67 Impressum

Leseempfehlung zu DNA // Zwei Texte des „Gen-ethischen Netzwerks“ zum Download

Das Gen-ethische Netzwerk bietet auf seiner Homepage zwei sehr interessante Texte zum freien Download an.

„Der polizeiliche Zugriff auf DNA-Daten: Strategien der Gegenwehr. Broschüre zur rechtlichen und sonstigen Beratung“
– Was tun, wenn die Polizei eine Speichelprobe verlangt, um Deine DNA zu analysieren?
– Was, wenn Dein DNA-Profil schon in der DNA-Datenbank des BKA gespeichert ist?
– Und was, wenn die Ermittlungsbehörden Dich wegen eines Massengentests, einer so genannten DNA-Reihenuntersuchung, anschreiben?
Seit einer Strafrechtsreform von 2005 wurde der polizeiliche Zugriff auf die DNA-Daten enorm ausgeweitet – und der Rechtsschutz empfindlich ausgehöhlt. Gleichzeitig gilt: Je diffuser die Rechtslage, desto mehr Spielräume gibt es, sich – auch mit rechtlichen Mitteln – zur Wehr zu setzen. Und je mehr die biologische Vorratsdatenspeicherung zunimmt, desto mehr ist Widerstand angesagt.

„Identität auf Vorrat. Zur Kritik der DNA-Sammelwut“
Das Bundeskriminalamt ist heute im Besitz von mehr als einer Million DNA-Profile, die in einer Datenbank gespeichert sind. Mit Hilfe dieser Spuren soll jeder »identifiziert« und sichtbar gemacht werden, noch Jahrzehnte, nachdem sie oder er irgendwo etwas hinterlassen hat.
Spucketröpfchen, Schuppenschnipsel, ein unsichtbarer Hautabrieb an Dingen: Niemand kann verhindern, kleinste Körperspuren zu hinterlassen. Die staatliche Überwachung macht sich dies zunutze. Polizeiliche DNA-Datenbanken wachsen in beängstigender Geschwindigkeit und werden international vernetzt. Die eingängige Begründung: Spurensammeln gegen Gewaltverbrechen wie Mord oder Vergewaltigung.

Doch das Hauptaugenmerk der biologischen Vorratsdatenspeicherung liegt längst nicht mehr auf Kapitalverbrechen. Im Gegenteil: Es geht um eine flächendeckende präventive Erfassung, die u.a. Bagatelldelikte wie Diebstahl, Graffitisprayen oder kleine Dealereien zum Anlass nimmt. Aber sowohl im bürgerlich-freiheitlich gesinnten Umfeld als auch in linken Zusammenhängen herrschen vor allem Ignoranz und Unwissenheit.

Das Buch gibt einen umfassenden Überblick über den aktuellen Stand der DNA-Datenspeicherung. Die Autor_innen untersuchen die gefährliche Weiterentwicklung der DNA-Analyse. Sie entmystifizieren die »Wahrheitsmaschine« DNA und zeigen Grenzen und Fehlerquellen im kriminaltechnischen Alltag auf. Sie dokumentieren ermutigende Beispiele für Protest- und Widerstandsaktionen. Und nicht zuletzt bietet das Buch praktische und juristische Tipps, wie man sich gegen das Wattestäbchen im Mund und die Speicherung von DNA-Profilen wehren kann.

Gedruckt gibt es beide Titel bei uns auf dem Büchertisch oder während der Beratung, sowie direkt beim Gen-ethischen Netzwerk.

Veranstaltung am Montag, 29. April 2019 um 19:00 // Politik der Abschiebehaft

Wie leben Menschen in Abschiebehaft? Was erwartet sie nach ihrer Abschiebung? Wie können wir Betroffene unterstützen? Was ist das Spezifische an dieser Repression?
Eine Vertreter*in vom Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V. gibt einen Überblick über Abschiebehaft in Deutschland. Ein*e Aktivist*in von Community for all aus Darmstadt präsentiert Stimmen aus dem Abschiebegefängnis Darmstadt-Eberstadt und berichtet über die dortigen Zustände. Medico International berichtet über die Situation von Betroffenen in Afghanistan und Westafrika. Gemeinsam wollen wir Fragen zum Themenkomplex Abschiebehaft beantworten und diskutieren, wie man die Betroffenen unterstützen kann.
Die Veranstaltung ist Teil der regionalen und bundesweiten Kampagne „100 Jahre gegen Abschiebehaft“. Mehr Infos und weitere Veranstaltungen:
Faites votre jeu!100-jahre-abschiebehaft.de

Veranstaltet von medico international, Community for all Darmstadt, Rote Hilfe Frankfurt, AK 2. Stock FVJ! – Klapperfeld

Datum und Zeit: Montag 29. April 2019 – 19:00 Uhr
Veranstaltungsort: Osthafenforum im medico-Haus, Lindleystraße 15, Frankfurt

Zwischenbericht zum Elbchaussee-Prozess // Die Anklage wackelt

Seit mittlerweile 19 Verhandlungstagen läuft der erste Prozess gegen mutmaßliche Teilnehmer an den Protesten gegen den G20-Gipfel auf der Elbchaussee. In dem Prozess versucht die Staatsanwaltschaft eine neue Rechtsprechung auf Demonstrationen anzuwenden, die die Versammlungsfreiheit einzuschränken droht, sollte sich die Rechtsauffassung auch in höheren Instanzen durchsetzen. Trotz der möglicherweise weitreichenden Folgen dieses Urteils wird die Beweisaufnahme unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt. Das Gericht begründete den Geheimprozess u.a. mit Beifall und lautstarken Jubelstürmen aus dem vollbesetzten Zuschauer*innenraum für die Angeklagten an den ersten beiden Prozesstagen. Doch auch die Anklage hatte bei ihrer dürftigen Beweislage allen Grund kritische Prozessbeobachter*innen auszuschließen, wie der bisherige Prozessverlauf zeigt.

Anklage: G20-Protest als unpolitischer Hooliganismus
Die Anklage will nachweisen, dass sich die fünf Angeklagten allein durch die Teilnahme an der Demonstration, aus der heraus zahlreiche Autos und Geschäfte angegriffen wurden, des schweren Landfriedensbruchs strafbar gemacht haben. Vier der fünf Angeklagten wird keine eigenhändige Straftat vorgeworfen. Mit ihrer Anklage stützt sich die Staatsanwaltschaft auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs aus dem Mai 2017, das sich jedoch explizit auf Auseinandersetzungen zwischen Fußball-Hooligans bezog. Das Gericht wertete das „ostentative Mitmarschieren“, also ein bewusst herausforderndes Mitlaufen in einer Gruppe, als psychische Beihilfe für die gewalttätigen Hooligans. Der BGH schloss in seinem Urteil eine Anwendung auf Demonstrationen allerdings ausdrücklich aus.
In der Beweisaufnahmen will und muss die Staatsanwaltschaft Hamburg den Angeklagten nachweisen, dass die Schäden an der Elbchaussee mit dem Wissen und Wollen aller Teilnehmenden der Demonstration verursacht wurden. Die Staatsanwaltschaft geht von einer gemeinsamen Planung und Organisation aus. Die Teilnehmenden hätten sich vorab im Donners Park getroffen, gemeinsam in schwarze Kleidung umgezogen und seien dann losmarschiert. In der Anklage stützt sich die Staatsanwaltschaft dabei auf vermeintliche Zeug*innenaussagen wie diese: „Etwa eine halbe Stunde später ging das Drama los. Plötzlich waren sie alle schwarz gekleidet und formierten sich zu einem schwarzen Block“. Allein bestritten mehrere Zeug*innen in der Hauptverhandlung, dies gegenüber der Polizei so gesagt zu haben. Das hätten sie gar nicht gekonnt, da sie es nur im Vorbeilaufen wahrgenommen haben, gar keine Sicht darauf hatten oder ähnliches. Wie die Polizei auf solche Aussagen kam? Sie müsse sie falsch verstanden haben. Diese und ähnliche Vorfälle gab es mehrmals im Prozessverlauf. Die mehrmonatige Arbeit der SOKO Schwarzer Block scheint wohl auch darin bestanden zu haben, sich Aussagen auszudenken, die zu ihrer Sicht des Geschehens passten.
Auch die Aussagen der geladenen Mitglieder der SOKO blieben so unergiebig, ungenau und an der Sache vorbei, dass selbst die Kammer vorerst auf die Ladung weiterer Beamter verzichten will. Der „Fallführer Elbchaussee“ konnte auch unter Vorhaltung ihrer Aussagen nicht erklären, wie Innensenator Grote, Polizeipräsident Meyer, der G20-Einsatzleiter Dudde oder SOKO-Leiter Hieber auf ihre Aussagen im Sonderausschuss des Senats kamen. Die SOKO versuchte alle Teilnehmenden der Demonstration an der Elbchaussee zu ermitteln. Die Staatsanwaltschaft machte die Ermittlungsvorgabe, dass der Aufzug von Anfang an gewalttätig gewesen wäre. Durch den unfriedlichen Verlauf hätte es sich demnach nie um eine Versammlung gehandelt. Bis heute wurde jedoch nicht ermittelt, wann und wo sich der Zug denn gebildet hat.
Die Anklage beruft weitgehend auf Ermittlungshypothesen, die sich auf „Analyse und Lageeinschätzung“ stützen. Die SOKO interpretierte also Videos, Luftbilder und anderes Bildmaterial und versuchte Rückschlüsse zu ziehen. Belastbare Beweise, mit denen beispielsweise eine gemeinsame Planung belegt werden könnte, bietet an Tatsachen arme Anklage kaum. So ließ sich das Konstrukt des Verfassungsschutzes nicht bestätigen, dass die italienische ‚Autonomia Diffusa‘ für die die Straftaten verantwortlich wäre, obwohl es von der SOKO lange als Arbeitshypothese verfolgt wurde. Ein Staatsschutzbeamter, der die SOKO beriet, bekundete trotzdem, dass diese Taten eher zu aus dem Ausland angereisten Klientel passen würden. Straftaten von deutschen Autonomen wären eher „institutionalisiert“ und sie seien darauf bedacht, dass Gewalt „vermittelbar“ sei. Diese Erkenntnis hätte er seiner Lektüre von u.a. ‚Autonome in Bewegung‘ oder ‚Der kommende Aufstand‘ zu verdanken.
Trotz des großen Verfolgungswillens und politischem Druck, den die Staatsanwaltschaft durch einen Befangenheitsantrag gegen das Gericht und zahlreiche Beschwerden beim Oberlandesgericht zeigte, erhärtete die Verhandlung die Anklage bislang nicht. Dies und eigene Einlassungen bewirkten, dass zwischenzeitlich zwei weitere Angeklagte die U-Haft verlassen durften. Die Haftbefehle gegen die vier teils minderjährigen Angeklagten aus dem Rhein-Main-Gebiet wurden aufgehoben. Die Staatsanwaltschaft zog ihren angekündigten Widerspruch dagegen mittlerweile zurück. In ihren Einlassungen gaben vier Angeklagte an, an der Demonstration auf der Elbchaussee teilgenommen, sie aber vorzeitig verlassen zu haben. Das Konstrukt der Anklage eines homogenen gewalttätigen Blocks bekam dadurch zusätzliche Risse. Zudem gaben die Angeklagten an, dass sie mit dem Verlauf nicht gerechnet und ihn so nicht gewollt hätten.
Das Verfahren wird mindestens bis zum 20. September fortgesetzt. Trotz der Verlängerung des Prozesses muss damit gerechnet werden, dass bis zum Abschluss des Verfahrens noch weitere Termine nötig sind.

G20-Prozess // Halil und Can sind nicht mehr in U-Haft!

Seit eineinhalb Wochen [Mitte Februar 2019] sind unsere Genossen wieder zu Hause. Als United we Stand FFM/OF heißen wir sie herzlich zu Hause willkommen.

Hintergrund
Am 18. Dezember 2018 wurde der der sogenannte Elbchausee-Prozess gegen Can, Halil, Loic und zwei weitere Genossen eröffnet. Beim Prozessauftakt, sowie an den ersten Verhandlungstagen ist der Zuschauerraum des Gerichtssaals voll, viele Genoss*innen insbesondere aus dem Rhein-Main Gebiet waren angereist, um ihre Solidarität mit den Gefangenen und der Legitimität der G20 Proteste in allen ihren Formen Ausdruck zu verleihen. Doch die Öffentlichkeit wurde nach dem dritten Prozesstag unter dem Vorwand des Jugendschutzes in Bezug auf die Minderjährigkeit zweier Angeklagter ausgeschlossen. Von da an konnten nur noch Familienangehörige an den Verhandlungen teilnehmen, der Zuschauerraum blieb leer.

Vorläufige Freilassung und Einlassung
Umso erfreulicher war es, als am 14. Februar Halil und Can aus der Untersuchungshaft entlassen wurden. Der Haftbefehl wurde aufgehoben, eine Beschwerde der Staatsanwaltschaft dagegen wurde zwischenzeitlich zurückgezogen. Mit Freude wurde die Nachricht der Entlassung aufgenommen und die beiden am Knasttor in Empfang genommen. Sie können endlich nach langer Zeit wieder nach Frankfurt/Offenbach zurückkehren und ihren Liebsten und Genoss*innen nah sein. Auch wenn der Prozess noch weiter geht, können Halil und Can so etwas Kraft schöpfen.
Die beiden Genossen waren schon einmal nach einer positiv ausgefallenen Haftprüfung im November aus der Haft entlassen worden. Damals ging es um eine Haftverschonung und nach dem Einspruch der Staatsanwaltschaft, mussten sie nach zwei Stunden in Freiheit die Haft wieder antreten.
Der Einspruch der Staatsanwaltschaft berief sich auf eine mögliche Fluchtgefahr. Da die beiden sich jedoch freiwillig zum erneuten Haftantritt stellten, war die Argumentation der Staatsanwaltschaft schwer zu halten und so führte die zweite Haftprüfung letztlich zur Aufhebung des Haftbefehls gegen alle vier Angeklagte aus dem Raum Frankfurt/Offenbach.
Dieser Haftentlassung ging in der Woche zuvor eine Einlassung der Vier voraus. Über ihre Rechtsanwält*innen ließen sie erklären, dass sie zunächst auf der Demo anwesend waren und identisch mit einer Vierergruppe sind, die auf den von der Polizei gesammelten Videos mehrfach auftaucht. Gleichzeitig gaben sie an, den Aufzug zu einem bestimmten Zeitpunkt verlassen zu haben weil sie mit dem Verlauf, den das Ganze nahm, nicht gerechnet hätten und das so auch nicht wollten.
So sollte dem Konstrukt einer „ostentativ auftretenden Gruppe“ entgegengewirkt werden, das alle Anwesenden für alle Taten und alle entstandenen Schäden haftbar machen möchte, unabhängig davon, ob sie in der Situation eine passive oder aktive Rolle einnehmen.
Wir als United we Stand FFM/ OF stehen weiterhin hinter unseren Genossen. Für uns zeigt sich an dieser Stelle die Dringlichkeit angeklagte Genoss*innen zu stärken und sie unsere direkte und politische Solidarität spüren zu lassen. Sowohl auf der Straße als auch im Gerichtssaal.
Mit dem Ausschluss der Öffentlichkeit in einem Verfahren, das auf zusätzliche Einschränkungen der Versammlungsfreiheit abzielt, stellen sich für die Soli-Arbeit neue Herausforderungen. Hier müssen wir gemeinsam diskutieren und als Linke einen Umgang finden, der auf unserer gemeinsamen Stärke, der Solidarität, fußt.
Die Haftentlassung von Halil und Can werten wir als eine Möglichkeit zur gemeinsamen Diskussion, die uns vorher durch die U-Haft genommen war.
Der Elbchaussee-Prozess wurde mittlerweile schon bis in den Juni verlängert. Loic, der fünfte Angeklagte, ist weiterhin in Untersuchungshaft. Den angeklagten Genossen in erster Linie, aber auch ihren Familienangehörigen sowie ihren Freund*innen, steht weiterhin ein schwieriger Weg bevor. Dieser muss nun weiter gemeinsam bestritten werden.
Wir wünschen den Angeklagten dafür viel Kraft. Wir stehen an eurer Seite.

United we Stand FFM/OF