Category Archives: Texte der OG

Solidarität mit Soli Antifa Ost

Aus aktuellem Anlass sprechen die Rote Hilfe Ortsgruppen Kassel, Marburg-Gießen, Frankfurt, Wiesbaden, Mainz und Darmstadt den Soli Antifa Ost Strukturen ihre Solidarität aus.

Dass einer der Angeklagten im „Lina-Verfahren“, Johannes Domhöver, sich zum Kronzeugen gegen seine ehemaligen Genoss:innen macht, ist der Super-GAU aus Sicht der Antirepression. Wieviele Genoss:innen er verraten hat und verraten wird, wissen wir noch nicht, aber der Schaden, den er damit anrichtet, ist immens.
Wir solidarisieren uns deshalb mit Soli Antifa Ost, weil manche die bizarre Behauptung aufstellen, man habe Johannes zu diesem Schritt gedrängt. Johannes war bereits vorher die Solidarität entzogen worden, da er als Täter sexualisierter Gewalt geoutet worden war. Wir sagen: Jedes Outing eines Täters sexualisierter Gewalt ist prinzipiell richtig! Dass Johannes nun Kronzeuge ist, ist seine Entscheidung gewesen. Dass es nötig war, ihn zu outen, liegt ebenfalls in seiner Verantwortung. Zu behaupten, dass seine umfangreichen Aussagen über linke Strukturen nun eine Art Retourkutsche dafür seien, dass man ihn für seine wiederholten Gewalttaten gegenüber Genossinnen outgecallt hat, ist widerlich.

Das eigentliche Problem ist, dass sexualisierte Gewalt in unserer Gesellschaft kaum Konsequenzen für die Täter hat und auch Linke und Linksradikale damit mehr schlecht als recht umgehen. Es wird gedeckt, verschwiegen und kleingeredet. Was wir dagegen brauchen ist das Vertrauen ineinander, dass wir uns gegenseitig keine Gewalt antun, unsere Bedürfnisse achten und unsere Genoss:innen nicht verraten. Dieses Vertrauen hat Johannes nicht nur verletzt, sondern auch durch seine wiederholten Übergriffe und jetzt das Kronzeugenprogramm erschüttert. Dass so etwas nicht wieder passiert, ist in unser aller Verantwortung. Auch als Antirepressionsstrukturen müssen wir uns grundsätzlich mit dem Thema sexualisierter Gewalt (in der Linken) auseinandersetzen.

Staatliche Repression gegen unsere Strukturen setzt auch immer auf Spaltung. Es gibt kaum einen größeren Keil als das Kronzeugenprogramm. Gerade jetzt müssen wir solidarisch miteinander bleiben! Es kann nicht sein, dass wir uns darüber streiten, ob man „Verständnis“ für den Schritt von Johannes aufbringen kann, seine Genoss:innen zu verraten. Es kann nicht sein, dass wir darüber streiten, ob wir sexualisierte Gewalt verurteilen.

Wir wissen, dass die Arbeit von Soli-Kreisen stets anstrengend und kompliziert ist. Die konkreten Entwicklungen machen die nicht leichter. Dafür verdient ihr unseren Respekt. Danke für euer Engagement, liebe Genoss:innen!

Ein paar Links:
Outing (mit Trigger Warnung): https://de.indymedia.org/node/156448
Johannes Domhöver als Kronzeuge: https://www.soli-antifa-ost.org/le-b-hausdurchsuchungen-im-antifa-ost-verfahren-johannes-domhoever-ist-kronzeuge/
Mehr Infos zum Verfahren findet ihr selbstverständlich auf: https://www.soli-antifa-ost.org

Rote Hilfe Zeitung (RHZ) 1.2021 erschienen // Schwerpunkt: Repression gegen Frauen

Hier zum direkten Download. Alle Ausgaben seit 3/2011 sind ebenso als PDF-Download verfügbar.

Die neue Rote Hilfe Zeitung ist erschienen. Schwerpunkt der Ausgabe ist das Thema „Repression gegen Frauen“. Ihr könnt die Zeitung in linken Buch- und Infoläden kaufen oder im Literaturvertrieb bestellen. Mitglieder bekommen die Zeitung zugeschickt.

Inhaltsverzeichnis:

IN EIGENER SACHE
04 Geld her!

REPRESSION
07 Wider die Einschüchterung – Interview mit der OG Königs Wusterhausen
09 Fuldaer Verhältnisse. „Bullen morden – der Staat schiebt ab!“
11 Free Ella!
14 Auf der Straße, vor Gericht: Antifa bleibt notwendig
15 Nochmal Knast? Eine Nachricht von Loïc
16 Überwachung und Abschiebung – der Koalitionsvertrag
18 Tödliche Polizeischüsse – Neue Website von CILIP
20 Belastete Orte – Racial Profiling in Berlin

REPRESSION INTERNATIONAL
22 CIGEO in Frankreich
26 Widerstand in Belutschistan

SCHWERPUNKT
29 „What the Fuck?!“
32 150 Jahre gegen §218
34 Sexistische Polizeigewalt
36 Freiheit als Sünde
38 Frauen, die kämpfen: Arbeitskämpfe und Feminismus in Tunesien
41 „Ermächtigung und politisches Verständnis“
43 Frauenkampf in der Türkei
46 We fight back – Femizide in der BRD
47 Die Opfer sichtbar machen
49 Die „andere Pandemie“

AZADI
52 Azadi – Informationen des Rechtshilfefonds für Kurdinnen und Kurden

REZENSION
55 Frauen bildet Banden! – Film über die Rote Zora

AUS ROTER VORZEIT
57 „Werktätige Frauen, hinein in die Rote Hilfe!“

Demo am Tag der politischen Gefangenen // 18.03.22 18:00 Uhr Merianplatz

Auch dieses Jahr begeht die Rote Hilfe e.V. und viele andere politische Zusammenhänge den Tag der politischen Gefangenen. In Frankfurt gibt es eine Demo aus Solidarität mit allen von Repression Betroffenen, mit den Inhaftierten und mit all jenen, die trotz und wegen Repression politisch aktiv sind. Save the date!

Wann: 18. März, 18:00 Uhr
Treffpunkt: Merianplatz

Wen die Geschichte des Tags der politischen Gefangenen interessiert, findet hier ein kurzes, aber interessantes YouTube-Video einer Mitarbeiterin des Hans-Litten-Archivs.

Weitere Termine in anderen Städten findet ihr auf der Webseite der Roten Hilfe e.V.

Demo-Aufruf:

Es trifft Einzelne, gemeint sind wir Alle.
Freiheit für alle politischen Gefangenen!

Weltweit sitzen tausende revolutionäre Gefangene in den Knästen, weil sie sich für ein Leben in Freiheit, ohne Ausbeutung und Krieg, für feministische und antipatriarchale Ziele, gegen  Faschismus und Rassismus, friedlich oder militant, eingesetzt haben. 
Ob in der Türkei, USA, Mexiko, Deutschland oder dem Iran, um nur ein paar Beispiele zu nennen, überall zeigt sich der absolute staatliche Verfolgungswille gegen politische Gefangene. Der Kampf der Gefangenen geht im Knast weiter, gegen Isolation, Folter, Verweigerung medizinischer Versorgung und unmenschliche Haftbedingungen und auch für ihre politische Identität.


 
Überall, wo wir als Linke und Revolutionär:innen für eine emanzipatorische Gesellschaft kämpfen, schlägt uns Repression und Verfolgung entgegen. Wenn wir Ausbeutungs- und Unterdrückungsverhältnisse angreifen, ist Repression die logische Konsequenz des kapitalistischen Staates, um unseren Widerstand für eine bessere und gerechtere Welt bereits im Keim zu ersticken.
 Repression fängt aber nicht erst bei den klickenden Handschellen an. Jede Schikane gehört mit dazu. 
Ob sinnlose Auflagen und anlassloses Abfilmen auf einer Demonstration,  Personalienkontrollen, Prügel,  Pfefferspray oder Bespitzelung, Observation, abgehörte Telefone und Hausdurchsuchungen, von Klassenjustiz und bürgerlichem Recht können wir keine Gerechtigkeit erwarten. 

 
Seinen Ursprung hat der 18. März als internationaler Tag der politischen Gefangenen in der Geschichte der Arbeiter:innenbewegung und Klassenkämpfe, er erinnert an den Aufstand der Pariser Kommunard:innen. Die Pariser Kommune war aber nicht nur der erste Versuch einer sozialistischen Gesellschaft, sie war auch Gründungsmoment der ersten feministischen Massenorganisation von Frauen. So groß dieser Hoffnungsschimmer war, so blutig war seine Niederschlagung durch die reaktionäre französischen Bourgeoisie. Mehr als 20.000 Kommunard:innen wurden ermordet, mehr als 13.000 lebenslang eingesperrt. Doch im Gedächtnis und Herzen der verschiedensten revolutionären Bewegungen hat sie längst ihren Platz gefunden. 
 

Während weltweit die einen Bewegungen sich seit Jahrzehnten mit Knast als Realität und Kampfterrain auseinandersetzen müssen, ist diese Erfahrung für andere Bewegungen noch relativ neu. So sitzt Ella seit über einem Jahr in Frankfurt Preungesheim im Knast, als Teil einer kämpferischen Klimabewegung und weil sie nicht bereit ist, ihre Identität zu offenbaren. 
Auch der kurdische Gefangene Abdullah Öcalan sitzt in Preungesheim und ist, wie viele andere kurdische und türkische Gefangene in deutschen Knästen, mit einem 129a/b Verfahren konfrontiert. 
Bundesweit werden Antifaschist:innen verfolgt und inhaftiert.

Klar ist für uns, das politische Gefangene unabhängig von den Vorwürfen, für die sie inhaftiert wurden, stellvertretend für kämpferische Bewegungen im Knast sitzen. 
 
Gründe, sich dagegen zu wehren und auf die Straße zu gehen, gibt es also genug. 
Unser Kampf ist legitim und notwendig. Damit wir Repressionsschlägen als geeinte und kämpferische Linke begegnen können, müssen wir solidarisch zusammen stehen. Auch über ideologische Widersprüche hinweg. Gemeinsam werden wir angegriffen, gemeinsam müssen wir uns zur Wehr setzen! 
 
Machen wir also deutlich, dass wir uns weder einschüchtern noch spalten lassen, dass ihre Angriffe keine Wirkung haben, dass wir solidarisch mit allen Kämpfenden hinter Gittern stehen!
Wir bleiben unversöhnlich gegenüber diesem Staat und dem kapitalistischen System! 
Heraus zum 18. März, heraus zum „Internationalen Tag der politischen Gefangenen“!

Jeder Kontakt zu Repressionsorganen schadet, aber wir können uns schützen

Mit dem Erstarken der Klimabewegung und anderen linken Bewegungen wächst der Druck staatlicher Behörden auf einzelne Aktivist*innen. In der jüngsten Vergangenheit erfuhren wir von mehreren Anquatschversuchen durch Geheimdienste und einem unkritischen Verhältnis zu vermeintlich informellen Kontakten zur Polizei. Das ist ein Problem, denn unser Kampf kann nur selbstbestimmt erfolgreich sein.

Die Gewalt und Einschüchterung durch Polizei und staatliche Behörden ist in unserem Kampf für eine befreite, solidarische und freie Gesellschaft stets präsent. Bei der gewaltsamen Auflösung von Demonstrationen wie dem Prügelexzess am 1. Mai in Frankfurt, bei der Räumung des Dannenröder Walds, in der die Polizei rücksichtlos Tote und Verletzte in Kauf nahm oder bei den alltäglichen rassistischen Kontrollen, die von hetzerischen internen Polizeichatgruppen befeuert werden. Das zeigt deutlich: in unserem Streit für eine bessere Welt stehen wir Polizei und Geheimdiensten unversöhnlich gegenüber. Trotz der Hochrüstung und ständig neuer Befugnisse der Sicherheitsbehörden sind wir dabei nicht machtlos. Wir haben uns und unsere Solidarität. Wir achten und äußern unsere Bedürfnisse. Wir bereiten uns auf Aktionen und mögliche Repression vor und begegnen ihr zusammen und politisch. Das ist und macht uns stärker als jeder Knüppel und jede Drohung.

Es gibt keine guten Polizeikontakte

Unsere Gegner*innen wissen um diese, unsere Stärke und versuchen unseren Zusammenhalt zu stören und auszuhöhlen. Mit Überwachung, dem Einsatz verdeckter Ermittler*innen und bezahlten Spitzeln und Zuträger*innen versuchen Polizei und Geheimdienste Informationen zu sammeln, um unsere Bewegung zu spalten und Einzelne zu verfolgen. Während fast allen klar ist, dass im Strafverfahren und vor Gericht jede Zusammenarbeit mit staatlichen Behörden nur sich selbst und anderen schadet, gibt es im Zusammenhang mit Aktionen immer wieder Fälle informeller Kontakte zu Polizei und Sicherheitsbehörden.

Staatliche Organe suchen solche Kontakte, sie sind dafür ausgebildet und geschult auch in kurzen Gesprächen möglichst viele Informationen zu gewinnen und versuchen diese gegen uns alle oder Einzelne einzusetzen. Polizei und Verfassungsschutz locken mit vermeintlichen Profiten – auch auf persönlicher Ebene. Doch solche Hoffnungen erfüllen sich nicht. Profitable Informationen aus Polizeikontakten gibt es nur für die Polizei – nicht für uns. Auch wenn sie statt Geld, Straferleichterungen oder Ausbildungsplatz ihrerseits Informationen anbieten oder vielleicht die eigene Hoffnung da ist, aus den Kontakten Informationen für die eigene politische Arbeit zu bekommen. Wir haben dabei nichts zu gewinnen. Wir stehen einem geschulten und repressiven Apparat gegenüber. Jede Information von uns, wird früher oder später gegen uns oder Einzelne von uns verwendet. Es gibt keine guten Kontakte zur Polizei. Jedes Gespräch, jede Information ist eine zu viel. Zum Schutz Einzelner und unseren Strukturen empfehlen wir noch einmal dringend, jeden Kontakt und jedes vermeintlich unverfängliche Gespräch konsequent und unverzüglich abzulehnen und sofort abzubrechen.

Geheimdienste ins Rampenlicht

Nicht nur die Polizei, auch Dienste, die allzu gerne im Verborgenen arbeiten, versuchen immer wieder Einzelne mit Geld oder anderen vermeintlichen Erleichterungen des Lebens Genoss*innen dafür zu gewinnen, Strukturen und andere Menschen zu verraten. Sie spähen dabei Einzelne aus und versuchen sie im alltäglichen Leben zu überrumpeln. Lehnt jeden Kontakt ab, lasst euch nicht auf Gespräche ein und macht diese Versuche öffentlich. Der Verfassungsschutz als Geheimdienst hasst nichts mehr als ins Licht der Öffentlichkeit zu geraten. Nicht schützt unsere Genoss*innen und Strukturen besser als diese Öffentlichkeit. Wenn ihr angequatscht werdet, wendet Euch sofort an Antirepressionsstrukturen oder die Rote Hilfe. Sprecht darüber, wie damit umgegangen werden soll und wie ihr Euch und andere am besten schützt. Lasst Euch nicht überrumpeln und nutzt danach unsere große Stärke: die Solidarität.

AG Antirep Frankfurt, Danni EA – Dannenröder Wald Ermittlungsausschuss, EA Frankfurt, Rote Hilfe Frankfurt, Rote Hilfe Marburg-Gießen

Neue Texte der Ortsgruppe

In der Rubrik „Texte der Ortsgruppe“ sind jetzt auch die in den letzten zwei Jahren veröffentlichten Texte zu finden.

Texte der OG in der swing | autonomes Rhein-Main-Info:
Briefe in den Knast schicken (Februar 2021)
Verschärfung der Vorladungspflicht? (September 2020)
Feministische Betätigung (April 2020)
ED-Behandlung (Februar 2020)
Rrring, rrring… – Hausdurchsuchung (November 2019)
Tratschen? Kenn dein Limit! (August 2019)
Bullenschubsen – oder soll man es lassen? (Mai 2019)

Texte der OG in der Rote Hilfe Zeitung (RHZ):
Noch mehr Isolation – Interview zur Situation von Gefangenen während der Corona-Pandemie (4/2020)
Vorladungspflicht verschärft? – Die polizeiliche Vorladung von Zeug*innen im Auftrag der Staatsanwaltschaft (3/2020)
„Stammheim, Stadion, Staatsgefährdung?!“ Bericht zum Bakj-Sommerkongress 2019 (3/2019)
Die Anklage wackelt – Zwischenbericht zum Elbchaussee-Prozess (2/2019)

„This is no justice, this is shit“ – Urteil nach 1,5 Jahren Elbchaussee-Prozess

Am 10.07.2020 endete nach 1,5 Jahren Dauer der Prozess gegen fünf Angeklagte im Elbchaussee-Verfahren. Drei Jahre zuvor fand in Hamburg der G20-Gipfel statt, gegen den es vielfältige Proteste gab. Den Angeklagten wird vorgeworfen, im Rahmen von NoG20-Protesten am Elbchaussee-Aufzug teilgenommen zu haben. Obwohl den einzelnen Angeklagten keine konkreten Taten zugeordnet werden konnten, sollten sie nach Vorstellung der Staatsanwaltschaft für alle Handlungen und entstandenen Schäden haftbar gemacht werden.
Vor dem Jugendgericht wurden zwei damals noch Jugendliche jeweils zu Arbeitsstunden, zwei weitere Angeklagte aus dem Rhein-Main-Gebiet zu Bewährungsstrafen und Loïc aus Frankreich zu einer Haftstrafe von drei Jahren verurteilt.

Der Elbchaussee-Prozess zeigte vor allem zweierlei: den unbedingten Willen der Strafverfolgungsbehörden, für die Vorkommnisse während des G20-Gipfels Schuldige zu präsentieren und den politischen Willen, jeglichen Protest zu delegitimieren und zu kriminalisieren. Im Verlauf des Prozesses wurden die von der Staatsanwaltschaft präsentierten polizeilichen Ermittlungsergebnisse reihenweise als manipuliert und tendenziös entlarvt. Mehrfach bezeichneten Zeug*innen der Anklage die von der Polizei vorgelegten schriftlichen Aussagen während des Prozesses als „Quatsch“ oder falsch dargestellt. In der Urteilsbegründung beklagte selbst das Gericht „die politische Stimmungsmache“ und Hetze der Staatsanwaltschaft von Beginn an, die in unverhältnismäßiger U-Haft, der Verschleppung Jugendlicher nach Hamburg oder politisch gesteuertem Aussageverhalten sichtbar wurde.

Um einen „schädlichen Einfluss“ durch eine kritische Prozessbegleitung von solidarischen Strukturen wie der Roten Hilfe zu verhindern, fand der Prozess gegen die fünf Angeklagten die meiste Zeit unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Die vier Angeklagten aus dem Rhein-Main-Gebiet gestanden ihre Teilnahme an dem Protestzug auf der Elbchaussee ein, bedauerten dessen Verlauf und die Form der Aktion, die nicht ihre sei. Das Gericht wertete die Einlassungen „in der Nähe zur Reueerklärung“, vermisste aber eine glaubwürdige Entschuldigung, so dass sie sich kaum strafmildernd auswirkten. Die Prozessstrategie, mit distanzierenden Aussagen einen Freispruch zu erreichen, ging somit nicht auf.

Loïc, der 5. Angeklagte, machte im Prozess auf die Unverhältnismäßigkeit der Strafverfolgung aufmerksam. Sein Unverständnis über eine Bestrafung für Geschehnisse, die die Angeklagten nicht selbst begangen haben, drückte er direkt nach Urteilsverkündung vor dem Gerichtsgebäude aus: „This is no justice, this is shit“. Dagegen wurde und wird kein*e Polizeibeamte*r für die Gewalt anderer in der Einheit oder sogar für die eigens ausgeübte Gewalt während der Gipfelproteste belangt. Loïc distanzierte sich nicht für die Geschehnisse an der Elbchaussee und entschuldigte sich für nichts. In seiner Prozesserklärung ordnete er die Proteste gegen den G20-Gipfel und ihre Legitimität in einen größeren politischen Kontext ein.

Das Urteil ist eine deutliche Absage an den Versuch der Staatsanwaltschaft, aus dem bloßen Mitlaufen eine Mittäterschaft an gewalttätigen Auseinandersetzungen zu konstruieren und politische Auseinandersetzungen in die Nähe von Hooligan-Schlägereien zu rücken. Der Protestmarsch auf der Elbchaussee falle durch seinen von Beginn an „unfriedlichen Verlauf“ nicht unter den Schutz des Versammlungsrechts, urteilte das Gericht. Allerdings sei durch die Wahl der gemeinsamen schwarzen Kleidung ein gemeinsamer Rückhalt für gewalttätige Aktionen erzeugt worden, der den Angeklagten als Solidarisierung und psychische Beihilfe ausgelegt wurde, so dass sie wegen besonders schwerem Landfriedensbruch verurteilt wurden. Mit dieser Argumentation konnte das Gericht einzelne für die Taten anderer abstrafen und so ein offensichtlich politisch motiviertes Exempel zum Elbchaussee-Komplex statuieren. Das Gericht betonte in seiner Urteilsbegründung jedoch ausdrücklich, dass mit dem Urteil kein Präzedenzfall für die Beurteilung anderer Demonstrationen ergangen sei und bezog sich damit vor allem auf die Verfahren zum Rondenbarg.

Spenden – Widerstand braucht Solidarität
Damit die Betroffenen mit finanziellen Folgen nicht alleine gelassen werden sind wir alle gefordert diese Kosten solidarisch zu teilen! Dafür benötigen wir dringend eure Unterstützung!

Auch eine Mitgliedschaft bei uns hilft uns weiter, da die regelmäßigen Beitragszahlungen kontinuierliche Antirepressionsarbeit ermöglichen.

Spendet mit dem Stichwort G20 auf unser Sonderkonto!
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In eigener Sache // Veränderung der Sprechstundenzeit

Info- und Beratungsabend // jeden 2. & 4. Montag im Monat // 20.00 – 21:30 Uhr // Café Exzess

Auch bei der Roten Hilfe ändern sich manchmal Traditionen. Wir verkürzen die regelmäßige Sprechstundenzeit unseres Info- und Beratungsabends um eine halbe Stunde, sodass sie nun um 21:30 Uhr endet. Beginn und der Rhythmus ändern sich nicht.

In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass uns im Vergleich wenige erst nach 21:30 Uhr ansprechen. Wenn es etwas länger zu besprechen gibt, werden uns euch auch weiterhin bis 22 Uhr Zeit nehmen, aber sprecht uns bitte in Zukunft vor 21:30 Uhr an.

Auch weiterhin unverändert: Wir können uns mit euch außerhalb der Beratungsabende treffen, wenn ihr euch per Mail meldet.

Redebeitrag der Roten Hilfe // United We Stand – unsere Solidarität gegen ihre Repression

Vor einem Jahr fand der G20 Gipfel in Hamburg statt, Hunderttausende aus allen Spektren haben dagegen demonstriert. Schon im Vorfeld wurden Camps und Demos verboten, Wohnungen durchsucht, es kam zu Gefährder*innen-Ansprachen und Einreiseverboten. Unzählige wurden von der Polizei verletzt, es gab hunderte Ingewahrsam- und Festnahmen, manche sitzen noch immer in U-Haft. Die Genoss*innen wurden eingesperrt, weil wir gemeinsam gegen die menschenverachtende Politik der G20 und ihren unsinnigen Gipfel protestierten. Jetzt brauchen die Eingesperrten und Menschen, die von der kommenden Repression betroffen sind, unsere Unterstützung! Der Gipfel ist vorbei, die Repression noch lange nicht.

Egal um welchen Preis versucht der Staat immer mehr Verurteilte zu präsentieren. Kurz vor dem Jahrestag, initiiert durch die „Soko Schwarzer Block“, kam es am Morgen des 27. Juni 2018 bundesweit zu 13 Hausdurchsuchungen, davon vier in Offenbach und Frankfurt. Diese endeten mit den Festnahmen der Betroffenen. Die vier Personen wurden unverzüglich nach Hamburg gebracht und sitzen dort in Untersuchungshaft. Die zwei zum vermeintlichen Tatzeitpunkt Minderjährigen wurden inzwischen aus der Untersuchungshaft entlassen. Die Tatvorwürfe sowie die Haftbefehle bleiben weiterhin bestehen. Außerdem wurden die Reisepässe eingezogen und die Auflagen sehen eine regelmäßige Meldung bei der örtlichen Polizeibehörde vor. Die zwei noch in Hamburg inhaftierten Genossen warten noch auf ihre Haftprüfung. Der Staat verweigert ihnen seit über einer Woche eine Postanschrift, sodass wir ihnen noch nicht mal Briefe in den Knast schicken können.

Bereits einen Monat zuvor kam es zu insgesamt neun Hausdurchsuchung in Italien, Spanien und der Schweiz, zudem wurde in Frankreich vergeblich versucht einen europäischen Haftbefehl umzusetzen.

Die massive Polizeipräsenz, Gewalt und Überwachung vor und während dem Gipfel, war dabei nur der Anfang. Es sitzen seit dem Gipfel Menschen im Knast und die Polizei hat angekündigt tausende weitere Verfahren einzuleiten. Es folgten zwei Öffentlichkeitsfahndungen und mehreren Hausdurchsuchungen, wie auch die im Rhein-Main-Gebiet.

Bei der Staatsanwaltschaft laufen aktuell 635 Verfahren gegen bekannte Verdächtige und 1254 gegen unbekannt. Bisher gab es 153 Anklagen, 84 Urteile und 36 Freiheitsstrafen, sechs davon ohne Bewährung. Wie viele Prozesse es tatsächlich werden, ist unklar. Das Beispiel Fabio zeigt, dass es sich lohnt zu streiten.

Jetzt braucht es gegenseitige Unterstützung und Solidarität. Auch wenn nur einzelne im Knast sitzen, die Repression wirkt gegen uns alle. Wir sollen aufhören zu demonstrieren und widerständig zu sein – aber genau das machen wir heute und werden wir auch weiterhin in Zukunft tun. Wenn wir uns gemeinsam ihrer Repression entgegenstellen und uns unterstützen bei Prozessen, im Knast und im Alltag, verliert ihre Drohkulisse an Wirkung.
Freiheit für alle politischen Gefangenen!

Rote Hilfe – Ortsgruppe Frankfurt gehalten auf der Demonstration „United We Stand – unsere Solidarität gegen ihre Repression“

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Pressemitteilung 29.06.2018 // G20-Gegner aus Offenbach freigelassen

Rote Hilfe: „Die Soko Schwarzer Block schlägt kurz vor dem Jahrestag der Proteste gegen den G20-Gipfel blind um sich, um Erfolge präsentieren zu können.“

Am heutigen Freitag sind bereits zwei der am Mittwoch wegen der Teilnahme an den G20-Protesten in Hamburg festgenommenen Personen aus der Untersuchungshaft freigelassen worden. Die beiden erhielten Haftverschonung und sind schon auf dem Weg zurück nach Offenbach.

Jona Fritz, Sprecherin der Roten Hilfe Frankfurt ist erleichtert, zeigt sich aber wenig überrascht: „Entgegen der regulären Gepflogenheiten wurden die beiden Minderjährigen nicht an ihrem Wohnort inhaftiert, sondern nach Hamburg verbracht. Das zeigte schon, wie wenig stichhaltig die Vorwürfe gegen die Beschuldigten sind. Den Strafverfolgungsbehörden geht es allein um die Einschüchterung der Betroffenen und die Demonstration möglichst öffentlichkeitswirksamen Handelns.“

Fritz sieht das Vorgehen der Polizei kritisch: „Die Soko Schwarzer Block schlägt kurz vor dem Jahrestag der Proteste gegen den G20-Gipfel blind um sich, um Erfolge präsentieren zu können. Die Aktionen in Offenbach und Frankfurt sollten vom vielfach rechtswidrigen Verhalten der Polizei ablenken. Auch gestern wurde in Göttingen das Haus einer Person durchsucht, die die SOKO auf Fotos als G20-Gewalttäter identifiziert haben will. Die Person war im Zeitraum des G20-Gipfels jedoch nachweislich in Japan.“

 

Spenden – Widerstand braucht Solidarität
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